Unser Ziel ist ausformuliert und damit klar. Auf dem Weg dorthin sollen wir die perfekten Assoziationen finden, um gemeinsam die meisten Punkte einzustreichen. Eines von ungezählten Wort-Assoziationsspiel-Neuheiten der SPIEL 24 also und für mich eine Empfehlung wert, selbst wenn es Stolperpotential bietet.
In unserer Erstpartie hatten wir Spass. Dabei sah es zunächst gar nicht danach aus. Stumm und nachdenklich sitzen wir um eine Auslage von 10 Wortkarten. Reihum wählen wir eine davon aus, ergänzen die Auslage wieder und legen unser Wort in die Tischmitte, um daraus Wortlinien zu bauen. Die entstehen immer, wenn mindestens zwei Karten nebeneinander liegen. Das markieren wir dann mit einem Pfeilplättchen. So ergibt sich nach und nach unser eigenes Kreuzworträtsel aus Begriffskarten.
Welche möglichen Assoziationen uns durch den Kopf gehen, darüber dürfen wir uns nicht austauschen. Deshalb blieb es bei uns recht still am Tisch. Zwar meint die Anleitung, dass wir während des gesamten Spiels miteinander sprechen dürfen, setzt aber Grenzfälle nur durch Beispiele und bleibt damit für den deutschsprachigen Brettspielmarkt eher ungenau. Kein Wunder, kommt Perfect Words ursprünglich aus Frankreich und deren Spielekultur kommt prima damit aus, dass nicht alles in Perfektion geregelt ist. Schliesslich geht es dort ums gemeinsame Spielerlebnis, so meine romantische Vorstellung.
Ein Blick zurück in die Spielhistorie: Im Jahr 2023 wurde die französische Originalversion bei TIKI Editions veröffentlicht. Das Erstlingswerk des Autors Paul-Henri Argiot. Piatnik hat übersetzt, den Aufbau und den Inhalt der Anleitung allerdings übernommen. So braucht die Anleitung – mindestens genauso geschwätzig wie mein Spielbericht hier – volle sechs Seiten, um uns das eigentlich einfache Spiel in einem konfus wirkenden Layout zu erklären und zudem Raum für Unklarheiten zu lassen, die wir schlicht selbst regeln müssen.
Dabei ist es im Prinzip ganz klar: Drei Spielphasen. Erstellt zusammen ein Kreuzworträtsel. Notiert Überbegriffe. Kassiert die Belohnungen. Allerdings könnte die erste Phase gefühlt ewig dauern, denn wer das Spielprinzip zu seinem Vorteil aushebeln möchte, kann Wortkarten einfach an Stellen anlegen, die für Wortlinien keine Bedeutung haben. So könnte man den Kartenstapel von 40 Wortkarten komplett ausnutzen, um möglichst eindeutige Wortlinien zu bilden. Kann man, muss man aber nicht und sollte man auch nicht, selbst wenn es die Spielregel nicht explizit verbietet.
Deshalb empfehle ich die kleine Regelergänzung, dass wir nur an bestehende Wortlinien anlegen oder diese neu bilden. Und schon dauert eine Partie wieder seine angesetzten 20 Minuten, bleibt ausreichend herausfordernd und hält über diese Spielzeit seinen Spannungsbogen. Perfect Words will eben kein Turnierspiel sein, sondern gemeinsamen Spielspass verbreiten. Der Weg ist das Ziel und die Punktewertung am Ende nur der Abschluss, aber nicht Zweck des Spiels. In dem Punkt fühle ich mich der französischen Spielekultur weitaus näher. Entspanntes Spiel statt geregelte Perfektion.
In der noch in seinen Details unerwähnten zweiten von drei Spielphasen notieren wir für uns und geheim gegenüber unseren Mitspielern für jede der vorab entstandenen 10 Wortlinien einen Überbegriff. Also das, was uns zu den gelegten Wortkarten einfällt und passt. Möglichst etwas, an das auch unsere Mitspieler denken und aufschreiben. Dabei ist „Der gestiefelte Kater“ genauso möglich wie „Batman“. Wer hier zu komplex oder abwegig denkt und notiert, der bekommt sein Aha-Erlebnis der unterschiedlichen Denkweisen in der finalen Phase des Spiels präsentiert.
Vorab dürfen wir aber darüber diskutieren und gemeinsam entscheiden, welche Wortlinie wir lieber komplett für die Wertung streichen wollen und welche so offensichtlich ist, dass wir diese mit unserem x2-Marker verdoppeln. Alles natürlich, ohne unsere Überbegriffe preiszugeben. Wenn dort die Wortlinie „Umhang, erfunden, Handwerker:in“ ausliegt und ich die Chance hatte, die im Laufe der Partie noch durch „schwarz, Held:in“ ergänzen zu können, sollte doch alles klar sein – sonnenklar für mich. Gerne hätte ich da den Verdopplungsmarker platziert und konnte nicht recht nachvollziehen, warum sich meine lieben Mitspieler da sträubten. Ok, die Wortlinie „Bort, Handwerker:in“ war im Direktvergleich wohl noch eine Spur eindeutiger.
In der Notierphase solltet Ihr Eure eigenen Stifte griffbereit haben. Stolpert hier nicht aufgrund der eingesparten Ausstattung. Denn Piatnik hat die Stifte in ihrer Version nicht beigefügt, was die 2024er-Version dann auch von der französischen Originalversion von TIKI Editions unterscheidet. Dafür findet Ihr die aktuelle Piatnik-Ausgabe schon für knapp 20 Euro im Handel. Die von mir bezahlten 18 Euro auf der SPIEL 24 am Piatnik-Messestand warum somit ein echtes und unerwartetes Schnäppchen.
Aber zurück zur Auswertung in der finalen Phase des Spiels. Wir lesen uns gegenseitig mit erstaunten Gesichtern unsere Überbegriffe vor und hoffen auf Übereinstimmungen. Hat eine ausreichende Anzahl (die Spielregel skaliert da recht ungewöhnlich für Perfektionisten) an Mitspieler dasselbe notiert, so bekommen wir eine Punkte-Muschel in Plättchenform. Bei mehr Übereinstimmungen pro Überbegriff verdienen wir uns hingegen eine Doppel-Muschel. Flott zusammengezählt und unser Ergebnis mit dem Punktebereich von 6 bis 20 verglichen – von Bronze-Medaille bis zur Auszeichnung „Perfekte Wort-Meister!“ ist alles möglich und wer eher im unteren Wertungsbereich herumkrebst, hat die perfekte Motivation zu einer Folgepartie. Dann hoffentlich mit mehr Übereinstimmungen, aber mindestens genauso viel Spielspass.
Um meine Wortlinie noch aufzulösen: „Umhang, erfunden, Handwerker:in“ deutete für mich schon die Richtung an. Das muss Batman sein. Der trägt einen Umfang, ist eine erfundene Comicfigur und innerhalb der Superhelden eher ein Handwerker, weil er keine Superkraft hat, sondern durch seine Ausrüstung dazu wird. Ist doch logisch, oder? Noch eindeutiger wurde es dann, als ich „schwarz, Held:in“ dort anlegen konnte. Welcher Held trägt denn nur schwarze Kleidung? Kann nur Batman sein. Blöd nur, dass ich in unserer entspannten 5er-Runde nur eine Mitspielerin fand, die meiner Assoziation gefolgt war. Da war der gleich fünffach notierte Bäcker für „Bort, Handwerker:in“ wohl doch eindeutiger.
Egal, Spass hatten wir trotzdem oder gerade deswegen und das ist es, was für mich beim gemeinsamen Brettspielerlebnis zählt. Und genau deshalb ist Perfect Words für mich eine aus der Masse an Wort-Assoziationspiel-Neuheiten herausragende Empfehlung wert. Die kleinen Stolpersteine der Anleitung und der Ausstattung werdet Ihr schon überspringen können.
Über die Auswahl der Wortkarten könnt Ihr Eure Partien zudem einfacher oder schwieriger gestalten. Krabbenkarten bietet einfachere Worte wie „gelb“, während Meereskarten wie „Krone“ schon spezieller und damit bevorzugt in reinen Erwachsenen-Runden eingesetzt werden sollten. Zudem gibt es eine semi-kompetitive Variante bei der Ihr mit Euren Überbergiffen zusätzlich persönlich punkten könnt, wenn Ihr für Übereinstimmungen sorgt. Wohl für Spielrunden, die zwingend einen Punktesieger brauchen. Ich verzichte da und bleibe bei den rein kooperativen Grundregeln von Perfect Words.