Slapstick-Humor trifft auf Stummfilm-Kunst. Mike Cheslik und Ryland Tews haben ihre abstrusen Ideen als Kinofilm umgesetzt. Der eine Regisseur, der andere Hauptdarsteller. Aus 150.000 US-Dollar Budget ist ein Gag-Feuerwerk geworden, das mir in besonderer Erinnerung bleibt.
Über dem verschneiten Verkaufsstand des Pelzhändlers thront sein Tauschkurs. Für einen Biberpelz gibt es ein Geldstück. Für genau dieses Geldstück gibt es ein Messer. Die abgebildete Größe kann zwar täuschen, aber mit so einem Messer könnte unser Held doch wesentlich effektiver auf die Jagd gehen als mit seinen bisher doch arg improvisierten Fallen. Und damit sind wir schon mittendrin in der Geschichte von „Hundreds of Beavers„. Ein Kinofilm der besonderen Art – erinnerte er mich doch genau an dieser Stelle an das typische Hochtauschen in Brett- wie auch Videospielen.
Anfangs hat unser Held Jean Kayak nichts. Seine gut laufende Apfelschnapsbrennerei wurde von einer Horde Biber sabotiert, seine Destille ist explodiert und seine Apfelbäume nur noch rauchende Stumpen. Mittellos ist blöd, denn der Winter ist da. Aber keineswegs ideenlos und so kämpft er gegen die Elemente, seinen Hunger und gegen Menschen in Tierkostümen. Richtig gelesen. Tierkostüme. Genauer gesagt Hoppelhasen-Maskottchen-Kostüme und viele mehr. Keine Tricktechnik, sondern ein Stilmittel, das in keinster Weise verbergen will, was hier geschauspielert wird. Mit einfachsten Mitteln, bei dem auch mal gerne der übergestülpte Tierkopf zurechtgerückt wird.
So erlebte ich im UCI Bochum eine Slapstick-Komödie mit 108 Minuten Lauflänge. Nach nur eine Handvoll an Vorstellungen wurde der Film in der zweiten Woche allerdings schon wieder aus dem Programm genommen. Leider, denn was grobkörnig und in Schwarz-Weiß über die Leinwand flimmerte, das war schon sehr speziell und habe ich so in der Form noch nie gesehen.
Stellt Euch einen Stummfilm der Buster Keaton Ära vor, den überdrehten Humor eines Looney Tunes Trickfilms und Anleihen an Videospiele mit überdimensionierten Fragezeichen über den Köpfen. Dialoge gibt es kaum und wenn nur als Texttafeln. Dafür übertriebene Soundeffekte aus der Trickfilmkiste, um die ebenso auf die Spitze getriebene Gewalt abzumildern.
Biber in menschengroßer Plüschtier-Gestalt haben nun einmal Gedärme aus Wollstoff, was sonst? Weil dabei kein Blut fließt und es nie zu realistisch wird, hat der Film eine FSK 12 Einstufung bekommen. Als Kinderfilm möchte ich den dennoch nicht bezeichnen und empfehlen wollen, dafür ist das Tagesgeschäft eines Pelzjägers arg rau im Umgang mit Tieren. Denn das sollte klar sein: Getötet wird hier hundertfach.
In Erinnerung bleiben mir die vielen kreativen Ideen des Films. Kleine Details wie große Effekte. Dazu diverse Anspielungen auf Filmklassiker. Ebenso der Mut der Macher, mit wenig Budget und noch weniger Ausstattung gegen alle Konventionen des modernen Blockbuster-Kinos so etwas abzuliefern. Die Spielfreude war für mich in jeder Szene zu sehen und davon gibt es viele – wiederholt und variiert und deshalb trotz der Lauflänge nicht langatmig. Ein Dauerfeuerwerk an Slapstick-Gags, die mich oft erstaunt und in ihrer abgedrehten Absurdität ebenso häufig haben schmunzeln lassen. Klamauk und Nonsens am laufenden Band, dabei aber auch empfehlenswert, unterhaltsam in seiner Nische des Besonderen.
Wer den Kinostart von „Hundreds of Beavers“ am 13. Februar in Deutschland bisher verpasst hat, der sollte sich zügig in seinen Programmkinos vor Ort mal umsehen. Ein Geheimtipp, den Ihr auf der großen Leinwand erleben solltet. Absolute Empfehlung von mir!