Solide unaufgeregt. So lässt dich wohl am besten mein Ersteindruck beschreiben. Es macht genau das, was es soll und irgendwann hat halt jemand gewonnen. Fertig, weggepackt und wieder vergessen. Oder bietet das mittelkomplexe Eurogame fernab meiner Erstpartie doch noch mehr?

Willkommen im Zeitalter der naturwissenschaftlichen Revolution. So begrüßt mich die Anleitung zum Brettspiel Galileo Galilei von Frosted Games und ich erwarte Großartiges. Schließlich wollen wir der berühmteste Astronom der Epoche werden. Dazu richten wir unser imposantes Papp-Teleskop aus, entdecken Himmelskörper und Konstellationen am Firmament, schreiben Bücher darüber und lehren an der Universität. Aber Achtung, denn wer besonders ketzerischen Beobachtungen macht, lässt Inquisitoren auf den Plan treten, die sich im Spieler-Keller versammeln und für negative Siegpunkte sorgen. Wohl dem, der diese lästigen Herrschaften in Folge überzeugen kann, wieder abzuwandern.

Soweit der thematische Rahmen. Jeder führt reihum seinen Spielzug aus. Teleskop bis zu drei Felder weiterdrehen und damit auf eine neue Kombination von zwei Aktionen zeigen. Diese Aktionen ausführen und wer mag noch beliebig viele freie Aktionen, die wir uns über Winkel-Plättchen erkaufen können. Anschließend wird aufgeräumt. Das aktuelle Aktionsplättchen rotiert und wird unten wieder in Warteposition angelegt. Benutzte Kometen bringen einen Bonus. Inquisitoren werden nach erfolgter Bewegung aktiviert und wir prüfen abschließend, ob wir Errungenschaften erreicht haben. Fertig, der nächste Spieler bitte.

Mechanisch durchaus elegant, allerdings wenig aufregend. Jeder macht halt seine Aktion. Dabei werden farbige W6-Würfel nie geworfen, sondern sind nur Anzeiger, wie viele Lichtpunkte ich in dieser Farbe für Beobachtungs-Aktionen ausgeben kann. Die Würfel wollen vermehrt und hochgedreht werden, um stärkere Beobachtungen für mehr Siegpunkte machen zu können. Welche Beobachtungen möglich sind, zeigt die allgemeine Kartenauslage der Entdeckungen an. Ist deren Nachziehstapel aufgebraucht, dann naht das Spielende. Ein Wettrennen um Siegpunkte, bei dem wir unsere Aktionen möglichst optimieren wollen. So ergibt sich ein eigener Rhythmus aus Würfel erwerben und hochdrehen und Lichtpunkte der Würfel ausgeben.

Konkurrenz gibt es nur indirekt, in dem ich meinen Mitspielern einen Himmelskörper in ausliegender Kartenform wegbeobachte oder als Erster bei verlangten Errungenschaften diverse Vorgaben der Universität für Extrapunkte erfülle. Auf welche Himmelskörper oder Konstellationen ich spielen werde, das können auch meine Mitspieler erahnen. Wer viele hohe rote Würfel hortet, der wird wohl auch eher in der Entdeckungsauslage dort agieren, wo genau diese roten Würfel gefragt sind. So versuche ich entweder schneller zu sein oder ich fokussiere mich auf andere Würfelfarben und gehe potenzieller Konkurrenz aus dem Weg.

Auch das Rennen um die Errungenschaften wird recht offen geführt. Da ist das Beobachten von sechs Konstellationen gefordert. Ich habe erst drei davon, ein Mitspieler allerdings vier und noch unbenutzte Würfel vor sich liegen. Dann sollte ich nicht mehr auf die sieben Siegpunkte dieser Errungenschaft spekulieren, sondern mich mit vier Siegpunkten weniger zufriedengeben. Sofern er nicht ganz andere Pläne hat und diese lieber vorzieht.

Am Spielende saß ich vor einem mittelkomplexen Eurogame, das eigentlich nichts falsch macht. Grundsolide Mechaniken, die es in anderer Aufmachung allerdings schon allzu oft gab. Ein Markenzeichen von Tomáš Holek? Der konnte zur SPIEL 24 Messe in Essen direkt mit drei Neuheiten seinen Autoreneinstand feiern. Tea Garden habe ich noch nicht gespielt, während mir SETI wesentlich besser als Galileo Galilei gefallen hat. Klar, eine andere Gewichtsklasse, aber ebenso ein Mix aus bewährten Spielmechaniken, die gut mit dem Thema verwoben sind.

Galileo Galilei lässt sich flott und entspannt spielen. Wer besser spielen will, sollte allerdings die Abfolge seiner Aktionen gut durchdenken. Manche davon können wiederum neue Aktionen auslösen, sodass sich Kettenzüge ergeben, die optimiert werden wollen. Unsere Dreierpartie war in gut 90 Minuten durch.

Zwar gibt es noch eine Expertenvariante, die Astronomen mit individuellen Fähigkeiten ins Spiel bringt. Ebenso einen Solomodus, bei dem wir gegen den dänischen Astronomen Tycho Brahe antreten können. Nur ist meine Motivation arg gebremst, diese 2024-Neuheit intensiver zu erkunden. Denn eigentlich habe ich in meiner Erstpartie schon alles gesehen. Folgepartien werden sicher Spielraum für optimierte Aktionen bieten und demnach mehr Siegpunkte. Nur fehlt mir dazu der Spannungsbogen dieses Spiels. Grundsolide eben, nur eben nicht mehr – für mich.

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