Braucht die Welt noch ein neues Stichspiel? Klar, wenn die Kartenklopperei mit neuen Ideen aufwarten kann und zudem Spaß macht. Friedemann Friese beweist hier erneut, dass er mit wenigen Regeln und Innovationen für eine frische Brise sorgen kann. Allerdings kam das kleine Kartenspiel nicht in jeder meiner Runden gleich gut an. Eine kleine Ursachenforschung.

So unterschiedlich kann der Erstkontakt zu den Folgepartien ausfallen. Bei der SPIEL 2024 Neuheit von 2F-Spiele ist das in meinen Spielrunden wirklich extrem gewesen. Von überschwänglich gut bis frustriert ablehnend war alles dabei. Dazwischen auch einige, denen Fischen von Friedemann Friese einfach nur Spaß gemacht hat. Aber eines ist mir dabei klar geworden: Dieses Stichspiel ist nicht automatisch ein Volltreffer, nur weil jemand Stichspiele mag. Wer volle Kontrolle über seine Hand vorzieht und zeitgleich das Spektrum Glück bis Chaos ablehnt, könnte hier mit dem falschen Kutter in See gestochen sein.

Ich hatte Fischen in einer mitgespielten Runde kennengelernt. Die Stimmung war allgemein ausgelassen und entspannt. Allen am Tisch hat diese Erstpartie Spaß gemacht. Um diese erlebte Spielfreude wiederholen zu können, habe ich mir ein paar Monate später Fischen selbst gekauft und erneut auf den Tisch gebracht.

Das war dann eine andere Runde, in der einige das Spiel schon kannten. Da wurde Fischen schon erheblich kritischer gesehen. Auch weil teils versucht wurde, es arg analytisch anzugehen. Die Folge war eine gefühlt überlange Partie und eine unterschwellig gereizte Grundstimmung, weil das Kartenglück verflucht und die mangelnde Übersicht der Mitspielerpunkte bemängelt wurde. Soweit das Feedback. Nicht jedes Spielerlebnis lässt sich halt beliebig wiederholen.

In meiner dritten Spielpartie, bei der auch ein Wenigspieler dabei war, ist Fischen hingegen besser angekommen. Kein Jammern und kein Klagen, sondern erlebter Spielspaß. Allerdings hatte ich mit meinen Erfahrungen aus der letzten Partie den aktuellen Punktestand für alle transparenter gemacht – nicht mehr aufgeschrieben, sondern per Kings & Queens Pokerchips vor jedem Spieler aufgetürmt. So war klar, wer führt und wie knapp. So habe ich eine hin und her schwankende Partie erlebt, mal führte der eine und mal der andere am Tisch.

Dabei lebte Fischen bei uns von der Überraschung, welche neu nachgezogene Karte auftauchen würde. So fühlte ich mich mit meinem 5er-Trumpf ganz sicher, nur um dann von einem 7er übertrumpft zu werden. Wer das Spiel nicht zu bierernst nimmt und auch Glück wie Chaos einen Platz am Spieltisch einräumen kann, findet hier ein originelles Stichspiel. Eine kurzweilige Kartenklopperei, die genau so viele Neuerungen hat, um niemanden zu überfordern.

Stichprofis könnten hingegen schon fast unterfordert sein. Wobei ein altgedienter Doppelkopf-Spieler am Tisch auch seine Freude hatte und herauszutüfteln versuchte, wie er sein Blatt am besten spielen könnte. Das Endergebnis war denkbar knapp. Ich meine, ich habe gewonnen. Wobei mir das fast schon egal ist, sofern die Spielpartie für alle getragen hat.

Was ist nun der besondere Kick an Fischen? Wir haben einen Stapel an Basiskarten in vier Farben mit dem Wert 1 bis 10 vor uns liegen. Je nach Mitspieleranzahl werden vorab welche aussortiert, sodass in der ersten Runde stets das komplette Basisdeck verteilt werden kann. Wir wissen also zu diesem Zeitpunkt noch genau, welche Werte im Spiel sind. Was folgt, ist ein übliches Stichspiel mit striktem Bedienzwang. Jeweils eine Karte reihum ausgespielt. Wer den Stich macht, sammelt alle Karten des Stichs in seinem Fischernetz. Hier repräsentiert durch eine Fischerinnen-Spielkarte.

Sind alle Handkarten gespielt, folgt die nächste von insgesamt acht Runden. Die Übersichtskarte gibt nach Mitspieleranzahl vor, wie viele Karten wir neu auf die Hand bekommen. Vorab und da beginnt die Besonderheit von Fischen, mischen wir unseren aktuellen Fang und legen den unter unserem schon vorhandenen Fang der Vorrunde, sofern überhaupt vorhanden. Dann ziehen wir von dort und von oben auf das vorgegebene Handkartenlimit. Reicht unser Fang nicht aus, dann und nur dann ziehen wir stattdessen vom Nachziehstapel weiter.

Die Besonderheit versteckt sich also im Nachziehstapel. Der enthält gestaffelt gemischt und damit vorsortiert die höheren Zahlenwerte von 11 bis 18. Wer bis hierhin noch meinte, dass seine 10er-Karte einen sicheren Fang versprechen würde, liegt ab sofort falsch. Je tiefer wir in diesem Nachziehstapel vordringen, desto höhere Werte kommen in die nächste Runde und damit ins Spiel.

Erstmalig kommen damit auch Trumpfkarten dazu. Darauf sind alle scharf. Das ist die fünfte Farbe und die musste natürlich Grün sein. Was auch sonst bei 2F-Spiele? Ich hätte mir allerdings eine noch deutlichere Kennzeichnung gewünscht, dass diese grünen Karten alle anderen Farbkarten stechen können. Stichspiel-Anfänger waren da immer etwas verwirrt, weil ein Trumpf doch irgendwie besonderer hätte aussehen sollen in ihrer Vorstellung.

Darüber hinaus gibt es noch Bojen-Karten ohne Wert im Nachziehstapel. Die dürfen selbst dann gespielt werden, wenn man bedienen könnte. Das bringt eine gewisse Flexibilität ins eigene Spiel, weil man damit gute Handkarten zurückhalten kann. Zusätzlich bringen diese Bojen einen Sondereffekt mit. Die erlauben es u.a., dass man sich aus dem aktuellen Stich eine Karte nimmt, der niedrigste Wert im kommenden Stich gewinnt oder man die Farbe bestimmen darf, die als nächstes ausgespielt werden muss. Ebenso gibt es auch eine Kartenweitergabe, sodass wir ab dann zumindest teilweise wissen, was der liebe Mitspieler links von uns noch auf der Hand hat. Und schließlich gibt es noch die Nuller-Karten, die so gar keinen Stich gewinnen können, einem aber eine Mitspielerkarte aus dem Stich klauen lassen, bevor der eigentliche Stichgewinner die Reste einsammeln darf.

Wer dabei die Übersicht verliert und sich nicht mehr an die anfängliche Spielerklärung erinnert, der schaut einfach auf seine Spielhilfe. Dort sind übersichtlich, wenn auch ein wenig geschwätzig formuliert, alle Sonderkarteneffekte erklärt. Weil wer möchte schon während der laufenden Partie nachfragen, was denn diese „Boje mit der Effekt-Symbolik der vielen Karten, die auf einen Fisch zeigen“, dann jetzt überhaupt macht? Genau deshalb sind diese Übersichten für jeden Mitspieler auch zwingend nötig.

So geht es über acht Spielrunden. Am Ende gewinnt der mit den meisten Punkten. Also genau der Spieler, der über diese acht Runden die meisten Karten fischen konnte und dem dabei möglichst wenige -3 Karten ins Netz gegangen sind. Ob die erlebte Spielpartie dann allerdings gefallen hat, wird Euch niemand prophezeien können. Mal selbst mitspielen. Einzig wenn Ihr ausschließlich die absolute Kontrolle im Spiel haben müsst, solltet Ihr Fischen weiträumig umschippern. Allen anderen wünsche ich viel Spaß – ich hatte den!

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