Die Welt ist erfroren und wir kauern uns um die letzte verbliebene Wärme- und Energiequelle. Ein in die Jahre gekommener Generator, den wir mit Kohle versorgen müssen. Das Essen ist knapp, unsere Behausungen nur notdürftig und am Horizont zieht ein Schneesturm auf. Bereit zum Überlebenskampf? Frosted Games hat derweil die Neuauflage veröffentlicht.
Ich habe damals den Kickstarter von „Frostpunk: Das Brettspiel“ unterstützt. Damals, das war im Jahr 2020. Den Deluxe Pledge mit vorschattierten Plastikminiaturen und der Frostlander-Erweiterung mit den Holzmarkern. Alles zusammen für 125 Euro. Die Dreadnought-Erweiterung mit dem großen Plastikzug habe ich dann später noch dazugenommen. Waren ja nur 20 Euro Aufpreis. Ausgeliefert werden sollte ein Jahr später. Ein Jahr länger hat es dann gedauert und was da ankam, war schon beeindruckend auf dem Spieltisch. Inmitten des Spielfeldes ragte der Generator auf. Kein reines Gimmick, sondern ein Turm, in den wir unser Kohlebrocken in Form von Holzklötzchen geworfen haben. In der Hoffnung, dass möglichst viele auch unter wieder herauskommen und nicht erst später.
Seit dem ist „Frostpunk: Das Brettspiel“ vom Autor Adam Kwapiński viel zu selten bei mir auf den Tisch gekommen. Drei oder maximal viermal habe ich das erste Szenario gespielt und mindestens einmal davon auch erfolgreich. Ein komplett kooperatives Überlebens-Abenteuer für bis zu vier Spieler. Wer mag, der konnte es auch solo spielen, musste dann aber alles alleine entscheiden und verwalten. Habe ich nur zum Kennenlernen der Regeln gemacht, denn das Mehrspieler-Erlebnis war für mich das eigentlich Besondere des Spiels. So hatte jeder seine Rolle, war für ein Teil unserer Gemeinschaft verantwortlich und konnte seine Meinung einbringen, wenn es um schwerwiegende Entscheidungen ging.
Und diese Entscheidungen gab es viele. Schließlich waren wir Ordnungshüter, Richter, Forscher, Stadtplaner und vieles mehr. So galt es, Gesetze zu erlassen, unsere Gesellschaft zu formen, Technologien zu erforschen und das Frostland zu erkunden. Ach ja, nebenbei sollten alle Bewohner unserer kleinen Gemeinschaft überleben, zur Arbeit eingeteilt werden, ein Dach über den Kopf haben und ernährt werden. Was aber, wenn wir zu wenig Arbeitskräfte für alle anstehenden Aufgaben hatten und eine Krise der Nächsten folgte?
Das Überleben in „Frostpunk: Das Brettspiel“ war nicht einfach. Jede kleinste Entscheidung war folgenreich und spielmechanisch in Form von Storykarten umgesetzt. Storykarten, die uns in ihren Folgen später noch begegnen sollten. Die einzigen Fragen waren dabei, wann und wie hart wird es uns treffen? In so einer Situation war es unabdingbar, dass wir als Spieler zusammenhalten, gemeinsame Lösungen fanden und den Herausforderungen trotzten. Dafür war nicht jeder Mitspieler geeignet und eine leider gut erinnerte Partie endete mit einem gehörigen Krach. Manche Brettspiele zeigen da zu deutlich das wahre Gesicht, wie jemand so tickt.
In passender Runde mit guten Freunden finde ich „Frostpunk: Das Brettspiel“ weiterhin spielenswert. Aktuell hat Frosted Games die Neuauflage veröffentlicht. Im Kern das gleiche Spiel, aber mit einem überarbeiteten Regelwerk und korrigierten Karten. Für knapp 110 Euro erhaltet Ihr die Basisversion mit Holzmaterial. Ich empfehle Euch, auch direkt die „Streifzug ins Frostland“-Erweiterung zu kaufen, die etliche Pappmarker durch bedruckte Holzmarker ersetzt und neue Karten für mehr Vielfalt ins Spiel bringt. Die optionalen Plastik-Miniaturen für Gebäude und Ressourcen haben nur einen optischen, aber keinen haptischen Mehrwert. Noch im Handel erhältlich, aber nicht gerade preiswert.
In meinen Spielrunden hat sich eine Kombination aus Holz- und Plastikkomponenten bewährt: Die Bewohner-Meeple sind die aus dem Grundspiel und aus einfarbigen Holz, damit die schnell und einfach unterscheidbar sind. Die Plastik-Meeple sind in kleinen Dioramen eingebettet und mir deshalb zu unruhig im Eindruck. Die Frostland-Erweiterung hat viele Pappmarker bei mir durch Holzmarker ersetzt. Spielt sich besser damit. Die Plastik-Gebäude stellen wir auf ihre Papp-Plättchen auf den Spielplan, weil damit ein schönes Stadtpanorama entsteht. Bei den Ressourcen verwenden wir die Plastik-Versionen, weil die detaillierter ausgearbeitet sind. Nur für den Generator halten wir die Kohle-Holzklötzchen bereit, dort hineingeworfen zu werden. Als Spielunterlage empfehle ich eine einfache weiße Baumwolltischdecke, um die Schneelandschaft zu simulieren. Fertig, Euer gemeinsamer Überlebenskampf kann beginnen.
Wer er hingegen friedvoll, nett und freundlich auf dem Spieltisch haben möchte, der sollte lieber zu Dorfromantik greifen. „Frostpunk: Das Brettspiel“ ist mit seiner dystopisch-düsteren Steampunk-Welt absolut kein Wohlfühlspiel, aber gerade deshalb wohl so faszinierend anders. Wird Zeit, dass ich es selbst mal wieder aufm Tisch bringe.