Eigentlich ganz sympathisch. Die 2024er-Neuheit aus dem frech Verlag kennt nur Gewinner. Oder das vorzeitige Spielende. Wer braucht schon Verlierer, wenn es doch sowieso nur um den gemeinsam erlebten Spielspaß geht? Eine absichtliche Lücke oder doch ein redaktioneller Verstolperer in der Anleitung?
Bleiben wir zunächst bei den nüchternen Fakten von Krakel Orakel: Sechs Seiten Anleitung liegen vor uns. Vier davon braucht es für den Spielaufbau und Spielablauf. Fairerweise sei erwähnt, dass eine Seite davon ein großformatiges Beispiel ist und nicht auf jeder Seite arg viel Text steht. Für ein einfaches Mal-und-Rate-Spiel schon eine ganze Menge. Aber Krakel Orakel ist eben auch keine typische Montagsmaler-Variante, sondern bietet mit seinen vorgezeichneten Linien auf den Krakel-Tafeln einen ganz besonderen Kniff. Mehr dazu in meinem Ersteindruck samt Empfehlung.
Diese Empfehlung für Krakel Orakel halte ich weiterhin aufrecht. Trotz der Anleitung und des kleinen und eigentlich unbedeutenden Debakels im letzten Absatz. Dieser letzter Absatz beschreibt das Ende des Spiels. Vier Sätze, die es in sich haben und über die ich schon im ersten Anlauf gestolpert bin. Ich zitiere mal wörtlich:
„Das Spiel endet spätestens nach 4 Runden. Das Spiel endet frühzeitig, wenn ihr bereits vor der vierten Runde zu viele Fehlerpunkte gesammelt habt. Ihr gewinnt, wenn ihr maximal so viele Fehlerpunkte habt, wie Personen mitspielen. (Beispiel: maximal 5 Fehlerpunkte, wenn ihr zu fünf spielt.)“
Ok. Was sind jetzt „zu viele Fehlerpunkte“, die zu einer vorzeitigen Niederlage führen? Steht da nicht. Stattdessen erfahren wir, wie wir gewinnen. Also wenn wir nicht gewinnen, dann haben wir automatisch verloren? Oder ist das Spiel dann nur vorbei? Weil von verlieren steht da nichts. Somit kennt Krakel Orakel wohl nur Gewinner oder ein vorzeitiges Ende. Nehme ich mal so hin.
Den kritisierten Regelpassus habe ich von einem weiteren Vielspieler gegenprüfen lassen. Er hat genauso gestutzt wie ich selbst. Das hat sicherlich noch keinerlei statistische Relevanz und ist damit auch längst nicht allgemeingültig, aber etwas seltsam formuliert bleibt dieses „Ende des Spiels“ für mich trotzdem. Zumal ich mir inzwischen Krakel Orakel selbst gekauft habe. Ging nicht anders. Tolles Spiel. Die Zweitauflage von 2025 hat allerdings genau dieselben Formulierungen im letzten Absatz. Also doch absolute Absicht von den Autoren, der Redaktion und dem Verlag? Ich werde mal nachfragen und bleibe bei diesem Anleitungsdebakel um Krakel Orakel für Euch am Ball.
Im spielerischen Kern aber eigentlich völlig unbedeutend, denn in meinen bisher gespielten Runden hat niemand nur vier Runden gespielt und Fehlerkarten haben wir auch nie gezählt. Stattdessen durfte jeder mal der erste und damit auch letzter Spieler sein, der einen Begriff ausschließen durfte. Fühlt sich spielerisch schon ganz anders an.
Zudem haben wir unsere kleine Hausregelergänzung, dass der letzte Spieler alle noch verfügbaren Begriffe den Krakel-Kunstwerken zuordnen darf. So ist die gemeinsame Freude umso greifbarer, wenn jeder den richtigen Titel unter seinem Gemälde sieht und alle diesen Durchgang gewonnen haben. Krakel Orakel braucht eben keine Verlierer – und eventuell auch keinen Bindestrich im Spieletitel, aber da scheint sich selbst der Verlag nicht ganz einig zu sein.