Das erste Spiel des Jahres erneut gespielt. Oder doch zum allerersten Mal? Denn das, was ich von Hase und Igel in meiner Erinnerung abgespeichert habe, das sah so ganz anders aus, als das, was ich hier auf dem Spieltisch vor mir fand. Dabei könnte ich schwören, dass ich in meiner Kindheit das Spiel schon mal gespielt habe. Ganz sicher, aber ganz anders.

Wenn Ihr jetzt genauso verwirrt seid wie ich, dann willkommen an Bord. Kommt mit auf meine kleine Entdeckungsreise in die Vergangenheit meiner Brettspielerinnerungen. Da scheint eine ganze Menge verklärt worden zu sein, denn anders kann ich mir meinen Wiedersehen mit dem Spiel des Jahres 1979 nicht erklären.

In meiner Erinnerung ist Hase und Igel ein Laufspiel, bei dem ein Hase über einen mehrspurigen Acker hetzt. Da spielt dann auch noch ein Igel mit, allerdings sind es mehrere. Die tauchen immer nur an den Rändern dieser Laufstrecke auf und erschummeln sich so den ersten Platz in diesem Wettlauf gegen den Hasen. Was wir da als Spieler konkret machen, steuern und bewegen? Keine Ahnung, das liegt viel zu lange zurück. Aber dieses Bild von dem Spiel Hase und Igel ist meine ganz tief verwurzelte Erinnerung aus fernen Kindertagen.

Das aktuell von mir mitgespielte Brettspiel Hase und Igel war allerdings ganz anders. So anders und in seinen Spielmechaniken und Komponenten so neu, dass es garantiert nicht mein erinnertes Spiel von damals ist. Es gibt zwar auch eine Laufstrecke, die schlängelt sich allerdings über den ganzen Plan und ist eher abstrakt gehalten. Mit unseren farbigen und dicken und runden und bedruckten Holzscheiben bewegen wir uns die Laufstrecke entlang. Unser Karottenkarten auf der Hand sind dafür das Zahlungsmittel und je weiter wir ziehen wollen, desto mehr Karotten kostet das.

Karotten sind begrenzt und nachtanken können wir, wenn wir auf Karottenfeldern verweilen, Wettfelder erreichen und bis zum nächsten Spielzug richtig liegen in der Positionierung im Vergleich zu unseren Mitspielern, oder freiwillig bis zum letzten Igelfeld zurückgehen und je nach Entfernung Karotten kassieren. Trickreich wird es, weil wir zudem unsere drei Salate auf Salatfelder loswerden müssen und nur mit einem sehr begrenzten Karottenvorrat ins Ziel einlaufen dürfen.

So ergibt sich ein munteres vor und zurück sowie innehalten, um dann im nächsten Schritt den großen Sprung nach vorne zu machen. Schwierig auszurechnen, besonders weil die lieben Mitspieler sowieso immer im Weg stehen und die besten Felder blockieren. Da das Spiel vor mehr als 45 Jahren veröffentlicht wurde, dürfen auch Ereigniskarten nicht fehlen. Wer auf einem Hasenfeld landet, der zieht so eine Zufallskarte und wird belohnt oder bestraft. Von „einmal aussetzen“ bis „der letzte Zug war kostenlos“ ist alles dabei und sorgt für noch mehr Unberechenbarkeit oder auch die Chance, dass das Ereignis doch perfekt passt.

Wir hatten Spaß und da Hase und Igel flott gespielt ist und auch keine Kettenzüge kennt, war es ein kurzweiliges Vergnügen. Heutzutage würden die Holzscheiben eher halbtransparente Hasen-Miniaturen sein, damit man das besetzte Feld noch erkennen kann. Die Funktionen der einzelnen Spielfelder wäre entweder auf der Spielhilfe oder am Spielbrettrand aufgedruckt. Und es gäbe einen doppelseitigen Spielplan für die unterschiedlichen Spieleranzahlen. Denn Hase und Igel ist mit bis zu sechs Spielern möglich, was in unserer entspannten Viererrunde dazu führte, dass das „1-5-6-Feld“ nur eine eingeschränkte Funktion hatte, weil ein fünfter oder sechster Platz im Rennen gar nicht möglich war.

Von den Spielkomponenten und Ereigniskarten ist die Erstauflage von Hase und Igel zwar ein wenig aus der Zeit gefallen, aber einer runderneuerten Neuauflage würde ich dennoch einen Platz im Spielregel freihalten. Auch wenn es was ganz anderes war, wie das Spiel in meiner Erinnerung. Oder habe ich das doch nie gespielt und nur einen Film falsch erinnert, der sich bei mir als interaktives Brettspiel-Erlebnis festgesetzt hat? So oder so, beides sind für mich nun beste Erinnerungen an Hase und Igel geworden. Ob ich die in weiteren 45 Jahren erneut auseinanderhalten kann? Wir sehen uns dann wieder, hier oder am Brettspieltisch, ganz sicher und ganz bestimmt.

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