Für manch einen ist ein Brettspieltisch die Krönung des Spielerlebens. Eine Deluxifizierung und Optimierung zugleich. Ein Möbelstück, perfekt auf uns Spielefreaks angepasst. Das habe ich mir auch erhofft. Am Ende war der übergroße Bristol Warlord von GeekNson eine Fehlentscheidung, die ich inzwischen als Erfahrung verbucht habe. So fing alles an.

Ich selbst habe lange hin- und herüberlegt, ob ein Brettspieltisch für mich persönlich und meine Spielrunden passend ist. Also einen echten Mehrwert bietet. Auf den ersten Blick, mit den vielen optionalen Funktionsmöglichkeiten eines solchen Brettspieltisches war die Frage eigentlich klar. Mehr Funktionen = mehr Möglichkeiten = mehr Mehrwerte. Mein alter Esstisch war mit 80 cm Breite eh zu klein für viele ausufernden Spielmatten geworden und zudem arg in die Jahre gekommen. Der Schritt von einem neuen Tisch zu einem Brettspieltisch war da nicht mehr weit.

Geworden ist es dann der Bristol Warlord von GeekNson. Übergroß mit seiner Breite von 125 cm, aber die waren in meiner Theorie auch nötig, damit der Keller und damit die innenliegende Spielfläche 90 cm breit sein konnte. Ein modularer Brettspieltisch mit vielen Funktionen und noch mehr optionalen Zubehör. Wenn schon, dann bitteschön einmal alles bitte.


Monate später nach der Kickstarter-Auslieferung habe ich im Praxisgebrauch zu Hause dann leider schnell gemerkt, dass ich persönlich die meisten der optionalen Funktionen gar nicht brauche und nutze. Am Ende hatte ich den Keller so weit aufgebockt, dass ich nicht mehr so tief in den Keller greifen musste. Ein Keller, der kaum noch ein Keller mehr war. Fand ich angenehmer.

Der Keller war die meiste Zeit mit drei der acht Massivholzplatten abgedeckt, um den Brettspieltisch als Teil auch als Arbeits- und Esstisch für mich zu nutzen. Immer alle acht Platten aus schwerem Eichenholz da drauf und wieder runter zu hieven und zu verstauen, fand ich umständlich, zeitaufwendig und anstrengend. Deshalb habe ich das nur gemacht, wenn ich wirklich den vollen Platz als Esstisch oder Spieletisch brauchte.

Spiele über mehrere Tage oder Wochen im Keller „zu speichern“, um direkt weiterspielen zu können, hat sich in meiner Nutzung nicht ergeben. Maximal mal über Nacht stehen gelassen, wenn ich Neuheiten im simulierten Solomodus ausprobiert und mir erklärt habe. Ansonsten kamen bei mir so viele unterschiedliche Spiele auf den Tisch, besser gesagt in den aufgebockten Keller des Tisches, dass da nichts länger auslag. Da ich Kampagnenspiele wie Kingdom Death Monster oder Earthborn Rangers nur solo spiele und viel zu unregelmäßig und selten, brauchte ich die Speicherfunktion im Keller auch dafür nicht.

Da sollte sich jeder fragen, ob und wie oft man selbst solche Kampagnenspiele auf den Tisch bringt und wie lange die Abbau- und Aufbauzeit des Spiels ist. Sprich, ob der Keller im Tisch überhaupt damit langfristiger belegt werden möchte. Das hätte ich mich selbst mal vorab fragen sollen. Habe ich aber nicht. Damit fiel für mich der Hauptgrund eines Brettspieltisches weg und übrig blieb nur ein übergroßer Tisch mit viel zu schweren Abdeckplatten.

Dazu kam etliches an Zubehör, das ich in der Praxis kaum bis nie benutzt habe. Zubehör, das aber bei Nichtgebrauch irgendwo verstaut werden musste und mir damit Platz wegnahm oder im Weg war. Die Vergrößerung der Tischreling mit Plexiglas-Auflagen, um dort auch A4 breite Spielerboards abzulegen, war schlicht zu unpraktisch. Weil damit hätte ich nochmal viel weiter vom Spielgeschehen im Tischkeller entfernt gesessen und den Tisch nochmals breiter gemacht. Viel zu breit, um noch angenehm meinen eigenen Spielzug selbst ausführen zu können.

Die ebenfalls aus schwarz gefärbten Plexiglas gefertigten Schälchen, um die innenseitig an die Tischreling zu hängen, haben sich bei mir nicht bewährt. Da die Innenkanten nicht abgerundet waren, war es einfach eine schwarze Box, aus der ich fummelig-umständlich Counter & Co gefischt habe.

Die großformatigen Holzablagen, die man über die Tischreling stülpen konnte, schienen zunächst praktisch. Ideal, um mal dort die Spielregel aufgeschlagen in Sichtweite zu lagern oder als universelle Ablage für den Spielekarton samt Restinhalt oder als Notizunterlage. Nachdem ich allerdings den Keller aufgebockt hatte, konnte ich diese Holzablagen nicht mehr nutzen, da die Resttiefe des Kellers nicht mehr ausreichte, um die Ablagen auf der Tischreling zu halten.

Die Sichtschirme aus schwarz gefärbten Plexiglas waren für mich nur in der Theorie toll. Schon bei der ersten Nutzung wurde mir der Konstruktionsfehler klar. Ohne ausreichend helles und zusätzliches Umgebungslicht war der Sichtschirm auch gleichzeitig ein Schattengeber, sodass das verdeckt zu haltende Spielmaterial im Dämmerlicht versumpfte. Direkt davor sitzen, das passte für mich ebenfalls nicht, weil damit die Sicht auf den Keller und der direkte Zugriff aufs Spielmaterial im Keller versperrt war.

Die ganzen Vorabüberlegungen, ob ein Brettspieltisch für mich sinnvoll sei, waren bei mir leider viel zu theoretisch gewesen. Das klang alles ganz toll und war in den diversen Werbevideos ebenso toll in Szene gesetzt. Kritische Stimmen gab es kaum und wenn, dann ging es nur um die Besonderheiten des jeweiligen Brettspieltisch-Modells. Somit nichts, was ich auf meinen zukünftigen Brettspieltisch hätte übertragen können. Zudem kam bei mir auch eine gewisse Euphorie und Vorfreude dazu, weil so ein Brettspieltisch ist was Tolles. Sozusagen die Krönung, was man als Brettspieler besitzen und sich leisten kann.

Stattdessen hätte ich mal lieber länger und öfter an diversen Brettspieltischen mal wirklich eine komplette Spielpartie spielen sollen. Und auch an einem Tisch mit der Übergröße wie ich im Blick hatte. Habe ich nicht. Schlicht weil ich die Möglichkeiten dazu nicht hatte, denn auf Spielemessen waren nie 125 cm breite Tische ausgestellt und wenn Brettspieltische mal für Demorunden eingesetzt worden sind, dann nur für kürzere Demopartien. In meinem Umfeld hatte noch niemand einen Brettspieltisch, den ich mal einen Spieltag lang hätte ausprobieren können.

Aber genau das empfehle ich Euch: Macht Euch auf und testet Brettspieltische in der Spielpraxis aus. Sprecht mit Brettspieltisch-Besitzern und fragt nach deren Einsatzzwecken und was dabei als gut und schlecht und überflüssig bis nervig empfunden wird. Nutzt Spielemessen, um auch mal länger an diverse Brettspieltische zu sitzen. Horcht in Euch hinein, welchen konkreten Mehrwert Euch ein Brettspieltisch bringt. Weil in der Theorie sind alle Brettspieltische bestens, denn am Ende wollen die Hersteller ihre teuren Möbelstücke auch verkaufen.

Dazu kommt die Besonderheit von Massivholzmöbel und die Falle Einzelanfertigung vs. Messeexemplar vs. Massenfertigung. Wenn das dann noch durch mangelhafte Qualitätskontrolle ergänzt wird und auf Eurer eventuell überhohe Erwartungshaltung trifft, dann ist das genau die Fortsetzung meines Brettspieltag-Tagebuches. Demnächst weitererzählt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert