Die Essenz eines allgemein als herausragend bewerteten Spiels kann schlicht nicht schlechter werden. Im Gegenteil, es ist sogar richtig gut. Das Spielgefühl ist erhalten geblieben, die Spielmechanismen hingegen vereinfacht im Handling und damit wurde die benötigte Spielzeit enorm eingekürzt. So wird aus einem Kennerspiel ein Familienspiel für alle, denen Great Western Trail schon immer zu komplex war.

El Paso ist heutzutage die sechstgrößte Stadt in Texas. Am Ende des 19. Jahrhunderts war es allerdings ganz anders. Damals hatten fünf Eisenbahnlinien die Stadt mit dem Umland verbunden und damit zu einem der wichtigsten Umschlagplätze für den Viehhandel gemacht. Wir sind einer dieser Rancher und bringen unser bestes Vieh von Form von Handkarten nach El Paso. Um mehr Geld und Siegpunkte zu bekommen, stellen wir in Folge weitere Cowboys, Handwerkerinnen und Ingenieure ein. Die ermöglichen uns besser Rinder, eigene Gebäude und Beteiligungen am Ausbau der Eisenbahn zu sichern.

El Paso ist der kleine Bruder von Great Western Trail. Eingedampft im Spielumfang, verringert in den Spielmechansimen, politisch korrekt dem Zeitgeist entsprechend und mit einer angenehmeren Denktiefe ausgestattet, um das Spiel auch mal nach einem harten Arbeitstag auf den Tisch zu bringen. Das großformatige Spielbrett ist nun ein überschaubarer Baumwollplan und alles rund um die Ausbeutung von amerikanischen Ureinwohnern wurde ausgeblendet, sodass wir uns auf die gegenseitige Siegpunktjagd fokussieren. Wie das alles zusammenpasst und sich geschmeidig herunterspielen lässt, habe ich für Euch per Audioaufzeichnung festgehalten – direkt von der SPIEL DOCH! 2025 in Dortmund am Stand von Lookout Spiele von Florian erklärt bekommen:

Die Autoren Alexander Pfister und Johannes Krenner haben die beliebtesten Spielelemente von Great Western Trail genommen und von dem ganzen spielmechanischen Ballast befreit. Statt Kennerspiel haben wir ein entspanntes Familienspiel vor uns, das wir bequem in der Hälfte der Spielzeit des Vorgängers spielen können. Bei meiner bewusst verkürzten Anspielsession in gut gelaunter Viererrunde hat es mir durchaus gefallen. Im spielmechanischen Kern optimieren wir uns auf dem Weg nach El Paso weiterhin unsere Kartenhand, um eine möglichst wertvolle Viehherde vorweisen und verladen zu können. Die Herausforderung ist jetzt, wie ich das Runde für Runde besser machen kann. Die lieben Mitspieler stören dabei nur begrenzt, in dem begehrte Gebäude weggebaut und ebenso begehrte Bauplätze besetzt werden. Jeder tüftelt ein wenig vor sich hin, auch weil wir weiterhin die Mitspieler-Gebäude nur für ihre Hilfsaktion nutzen können.

Derweil wurde bekannt, dass ein Gebäudeplättchen als zu stark empfunden wird. Die vielen Online-Spieler auf Board Game Arena sind sich dabei einig und Autor und Verlag geben ebenfalls offen zu, dass man dieses eine Plättchen auf seine Rückseite drehen sollte, sofern einem das stört. Ob es dazu eine offizielle Errata geben wird, das muss die Zukunft zeigen.

Allerdings ist das eher ein Randthema für Vielspieler, denn die von El Paso angepeilte Zielgruppe der Familienspieler erfreut sich einfach an der gemeinsam erlebten Spielpartie. Ich selbst sehe mich ebenfalls nicht als primäre Zielgruppe, weil mich schon das alte Great Western Trail thematisch wie auch spielmechanisch eher kaltgelassen hat. Objektiv sicher ein gutes Spiel, aber subjektiv für mich lasse ich lieber andere die Cowboys durch den Staub reiten. Obwohl ich die Testpartie sogar gewinnen konnte, warum auch immer.

Ein Gedanke zu „El Paso: Der kleine Bruder von Great Western Trail“
  1. Derweil gibt es zum Gebäude 2a auch eine offizielle Aussage von Lookout auf deren Webseite:
    https://www.lookout-spiele.de/de/games/gwt_elpaso.html

    Gebäude 2a scheint zu stark zu sein. Gibt es dazu einen Lösungsvorschlag von eurer Seite?
    Wir haben die Diskussionen dazu aufmerksam verfolgt und mit den Autoren beratschlagt. Aktuell zeigt sich, dass es für einen Großteil der Spieler kein Problem darstellt. Erfahrene Spieler stoßen sich daran, dass Gebäude 2a (passend platziert) die Zugaktion selbst abwertet. Je nach Spielerkreis empfehlen wir daher, statt dessen die Rückseite* (= Gebäude 2b) zu wählen – oder aber die beiden auf 2a abgebildeten Aktionen als entweder / oder Option anzuwenden.
    *Für mehr Varianz im Spiel habt ihr ja die Option, die Gebäude zu mischen und mit unterschiedlichen Seiten (a oder b) zu nutzen.

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