Kennt Ihr die Situation? Ihr möchtet eine Neuheit gerne mehr mögen, als wie sich diese Euch im Ersteindruck präsentiert. Zeitgleich seid Ihr Euch unsicher, ob nicht die für Euch ungünstigen Rahmenbedingungen zu genau diesem ernüchternden Ersteindruck geführt haben. So bleiben Zweifel, was ich von dem hybriden Spielsystem Teburu wirklich halten soll.

Am Samstag auf der SPIEL DOCH! 2025 in Dortmund konnte ich endlich den kooperativen Boss-Battler „The Bad Karmas and The Curse of the Zodiac“ am Messestand von Pegasus Spiele anspielen. Endlich deshalb, weil ich die Kickstarter-Kampagne schon länger verfolgt hatte, bisher aber selbst zu zögerlich war, mir ein solch neues hybrides Spielsystem für teuer Geld nach Hause zu holen. Ein persönlicher praktischer Ersteindruck ist halt immer besser als theoretisierende Vorfreude aus der Ferne.

Unserer entspannten Zweierrunde wurden in fünf Minuten die Grundlagen des Spielsystems und die Bedienung der App erklärt und uns dann ganz bewusst mit dem Bosskampf alleine gelassen. Hier der Anfang unserer Anspiel-Session im O-Ton festgehalten:

Tja, von meinem Ersteindruck war das leider nicht das, was ich mir persönlich erhofft hatte. So erhoffte ich mir einen wirklichen Mehrwert im Vergleich zu einem herkömmlichen Boss-Battler wie Kingdom Death Monster oder Townsfolk Tussle, um mal die komplette Bandbreite der Komplexität abzudecken, die ich selbst schon mal gespielt habe. Dieser Mehrwert ist eventuell sogar durch die internen und KI gestützten Berechnungen gegeben, um mich im Spielverlauf überraschen zu können. Dieser Mehrwert kam in meiner kurzen Anspiel-Session aber nicht durch.

Klar, das komplette Hantieren mit Handkarten und Gegner-Decks und Regeldetails fällt weg. Was so als „Bookkeeping“ umschrieben wird und im Brettspiel halt manuell von uns Spielern ausgeführt werden muss, ist ebenso nicht vorhanden. Damit sollte der Fokus auf das reine Spielgeschehen eigentlich frei sein. Die Absprachen untereinander im Vordergrund stehen und koordinierte Angriff-Kombos möglich sein. Hätte, könnte und sollte – die Technik stand uns da leider im Weg.

„Bad Karmas and The Curse of the Zodiac“ wurde uns auf einem A5 großen Tablet vorgestellt zum Anspielen. Das Tablet lag an der hinteren Seite des Spielbretts, sodass wir in der Geräuschkulisse der Messe die Sprachausgabe nur schwer verstanden und die teils kleine Schrift ebenso schwer lesen konnten. Auf die Einbindung von weiteren Endgeräten wurde bewusst verzichtet. Schlicht um keine potenziellen Fehlerquellen unter Messebedingungen einzubauen, wo es doch primär auf einen reibungslosen Ablauf ankam, um das Spiel erstmals zu zeigen.

Somit für mich eher ungünstige Erstspiel-Bedingungen und eher ein Kennenlernen des groben Spielablaufs und seiner verwendeten Komponente. Deshalb haben wir uns auch nur oberflächlich durch den Bosskampf gegen Taurus geklickt, die Kampfreihenfolge gewählt und diverse Kampfmanöver ausprobiert in ihren Wirkungen. Die wirkliche Übersicht und die konkrete Steuerung meines Charakters fehlte mir dabei. Zu Hause mit einem 55″ Fernseher an den Spieltisch gerückt und jeder mit seinem eigenen Smartphone oder Tablet bestückt, da kann ich mir das alles schon wesentlich entspannter und intensiver vorstellen.

Zudem habe ich die haptischen Elemente im Spielverlauf vermisst. Da spielte sich für mich zu viel virtuell auf dem Tablet-Bildschirm ab, während mein Blick dauernd zwischen App und Spielbrett gewandert ist. Zudem waren einige Anzeigen der App zu schnell wieder weg, bevor ich die überhaupt lesen und verstehen konnte. Ein Zurück-Button, um die Chronologie der Ereignisse nochmals aufzurufen, haben wir nicht gefunden oder nur übersehen.

Zwischen den virtuell in der App eingetippten Spielzügen mussten wir das Spielbrett wieder aktualisieren. Immer dann, wenn sich der Bossgegner bewegt oder gedreht hat. Leider kann das nicht von dem Spielbrett erkannt werden, sodass wir für Fehler in der realen Spielbrett-Welt selbst verantwortlich sind. Es zählt, was in der App vorgegeben ist und wir müssen diesen Status abgleichen. Das fühlte sich für mich auf eine merkwürdige Art unangenehm an, als ob ich hauptsächlich Befehle der App ausführe, sozusagen gespielt werde und der Anteil des eigenen Spiels zu gering wirkte.

Die Technik in Form des Würfels hat ungünstigerweise auch noch bei uns herumgezickt. Mehrmals wollte der Würfel neu geschüttelt oder neu geworfen werden. Anscheinend haben wir die strikten Anweisungen nicht genau genug befolgt. Einige Würfelergebnisse wurden zudem erst zeitversetzt in der App angezeigt, was mich weiter verwirrt hat, ob ich nun Schuld war oder nur die Technik. Wenn mir gesagt wird, „Schüttel den Würfel“, dann mache ich das auch. Aber eigentlich sollte man den Würfel eher in den Handflächen umher rollen und dann erst werfen, wenn die Aufforderung dazu kommt. Solche Verständnisprobleme hätten durch eine bessere Nutzerführung vermieden werden können.

Wobei ich generell den flüchtigen Gesamteindruck hatte, dass das Benutzerinterface von Bad Karmas von jemanden entwickelt wurde, der das Spiel in- und auswendig kennt und es deshalb nicht wirklich auf Erstspieler optimiert ist. Da fehlten mir persönlich mehr Rückmeldungen und Informationen, was hier jetzt passiert und was von mir erwartet wird. Gerne optional abstellbar für alle Bad Karmas Profis, die das schon alles wissen. Nur ohne jegliche gedruckte Anleitung bin ich auf das angewiesen, was ich zur Verfügung habe und das war nur die App sowie Rückfragen an die anwesenden Pegasus-Supporter. Nur diese zusätzliche menschliche Unterstützung habe ich zu Hause nicht, was zum Problem führen könnte.

Was also bleibt für mich untern Strich? Teburu Bad Karmas war für mich zu sehr virtuelle App und zu wenig haptisches Brettspiel. Das hatte seine Gründe. Die eingesetzte Technik wurde auf ein Tablet reduziert, um Fehlfunktionen zu minimieren. Absolut verständlich. Das hatte für mich allerdings die Folge, dass mein Erstkontakt eher ernüchternd war. Eben, weil ich mir mehr eigenes Spiel erhofft habe. Bekommen habe ich ein zu uninformiertes Rumgedrücke auf einem gemeinsamen und für mich zu kleinen Tablet.

Die Herausforderung für Teburu Bad Karmas ist, neue Spieler im Erstkontakt so zu überzeugen, dass sie sich das Teburu-System auch kaufen. Nur wenn sich die Hardware ausreichend verkauft, werden mehr und längerfristig neue Spiele dazu erscheinen. Da gab es leider vor Ort zu viele Fallstricke für mich. Also doch selbst bestellen, zu Hause in Ruhe und mit bevorzugter Hardware antesten und bei Nichtgefallen zurückschicken? Das klingt für mich falsch. Ich hoffe stattdessen auf eine für mich bessere Anspielmöglichkeit von Bad Karmas.

Wer Handyspiele mag, der könnte dem Gesamtkonzept wohl aufgeschlossener gegenüber sein. Ich habe lieber meine Gegenstände und Fähigkeiten als Karten und nehme dafür auch ein wenig mehr Bookkeeping in Kauf. Ich war auch schon kein Fan von Descent Legenden der Finsternis, wo mir die App ebenfalls zu viel haptische Spielelemente weggenommen hat, was ich als Verlust und nicht als Komfort wahrgenommen habe.

Alles ist subjektiv und Vorlieben sind sowieso verschieden. Somit empfehle ich dringend, das Teburu-System mal anzuspielen, ob das einen reizt oder eben auch nicht. Eventuell wird alles auch besser, wenn jeder sein Handy und damit Bildschirm hat und vieles somit zeitgleich abgehandelt werden kann – der eine wählt aus, der andere checkt seine Fähigkeiten und so.

Genau für solche subjektiven Einordnungen sind solche Messen wie die SPIEL DOCH! 2025 in Dortmund ideal, ohne die 220 Euro teure Katze im Sack kaufen zu müssen. Auf den Ratinger Spieletagen gibt es die nächste Gelegenheit zum gemeinsam erlebten Anspielen des Teburu-Systems.

Ein Gedanke zu „Teburu Bad Karmas: Mein Ersteindruck von der SPIEL DOCH!“
  1. Es reicht also nicht, dass jeder Spieler ein Smartphone besitzt – man braucht zusätzlich auch noch einen Smart-TV oder Tablet, und das alles permanent mit Internetverbindung? Ganz schön viel Stromverbrauch für ein Brettspiel – was wohl Greta T. und Luisa N. dazu sagen werden? 😉

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