Wenn ein Uralt-Klassiker mit aufgemotzten Regelwerk unerwartet zurück auf dem Spieltisch kommt, obwohl das elegante Original von damals schon fast vergessen war, dann bleibt die Frage nach dem Spielspaß. War das Auktions- und Sammelspiel nur gut, weil wir doch wenig andere Kartenspiele dieser Art kannten? Oder kann es auch heute noch spielerisch überzeugen? Ich weiß die Antwort.
Das ursprüngliche Kuhhandel hat im Jahr 1985 das Licht der Kartenspiele erblickt und wurde direkt auf die Spiel des Jahres Empfehlungsliste berufen. Allerdings hat es nur zu dem undankbaren 2. Platz gereicht, wie die Jury damals ungewohnt offen mitteilte. Sherlock Holmes Criminal-Cabinet konnte die Auszeichnung stattdessen abräumen, war als kompetitives Deduktionsspiel seiner Zeit aber soweit voraus, dass Kuhhandel eventuell die bessere Wahl gewesen wäre. Zumindest, wenn man eine möglichst große Zielgruppe ansprechen und begeistern und nicht überfordern möchte.
Mein eigenes Kuhhandel habe ich weitaus später gekauft, aber auch das ist schon so lange her, dass die Spieleschachtel derweil arg ausgeblichen ist. Ein Kartenspiel aus dem Hause Ravensburger, das ewig nicht mehr auf den Tisch gekommen ist. Und wäre ein Exemplar bei einem Spieltreff nicht zufällig vor Ort gewesen und wir kein schnelles Zwischendurch-Spiel für fünf Mitspieler gesucht hätten, es wäre für weitere 20 Jahre ungespielt geblieben. Nur deshalb habe ich in entspannter Runde Kuhhandel Master von 2010 gespielt.
Das grundsätzliche Spielprinzip vom Autor Rüdiger Koltze ist gleich geblieben. Die Illustrationen der Tiere wurden allerdings modernisiert, weg von naiv-plakativen Wasserfarben hin zu poppiger Comicgrafik mit 3D-Anmutung. Schade, denn diese besondere Aufmachung hat für mich einen Teil des Spielreizes ausgemacht. Kommt so unschuldig daher und ist dann doch so konfrontativ gemein.
Darüber hinaus gibt es nun Prämienkarten für die Tierarten, die gegen eine abnehmende Anzahl von Geldkarten versteigert werden. Wer zuerst mit der Hand auf den Tisch schlägt, bekommt den Zuschlag. Ein schönes neues haptisches Spielelement. Die ebenfalls neuen Ratten werden hingegen gegen eine Geldkarte abgelehnt, bis die sich dann doch bei irgendjemanden bei zu den sammelbaren Tieren einreihen. Die möchte nur niemand haben, weil die eine andere Tierart in Sachen Punktewertung entwerten.
Durch die jetzt drei verschiedenen Arten der Versteigerung kommt Abwechslung ins Spielgeschehen. Allerdings wird die Spielzeit dadurch gefühlt länger. Hätte es für mich eigentlich nicht gebraucht, den der Kern des Spiels bleibt sowieso der Kuhhandel. Freiwillig initiiert, um einem Mitspieler seine Tiere möglichst preiswert abzukaufen. Oder als abschließende Episode des Spiels erlebt, wenn der Nachziehkartenstapel aufgebraucht und alle Tiere verteilt sind.
Soll man das geheime Geldgeschenk annehmen oder doch zum Gegenangebot ausholen? Blöd, wenn ich dann siegessicher extrem hoch, aber dennoch nur um 10 Geld überboten wurde. Somit ich im Gegenzug nur 10 Geld kassiert habe, während ich meine Tierkarte(n) abgeben muss. Genau das sind die Höhepunkte bei Kuhhandel – damals im Original und weiterhin in der aktuell gespielten Master Version.
Braucht es Kuhhandel Master und ist ein Mehr an Möglichkeiten automatisch immer besser? Oder ist Eleganz der Zustand, wenn so lange Spielelemente wegkürzt werden, bis nur noch die unverzichtbare Essenz übrig bleibt? Kuhhandel war damals toll und Kuhhandel Master hat in unserer entspannter 5er-Runde ebenfalls Spaß gemacht. Auch wenn ein wenig langwierig war, den ganzen dicken Kartenstapel mitsamt Prämienkarten und Ratten durchzuspielen und dann noch die letzten Kuhhandel abzuschließen.
Dabei war meine persönliche Herausforderung weniger die Geldsumme auf meiner Hand, sondern eher die Art der Stückelung des Geldes. Weil es eben kein Wechselgeld gibt und mit 1x 200 und 1x 500 und ein paar 10er und 20er ist es blöd, wenn die Gebote bei 120 sind und ich mit 200 arg überzahlen muss, sofern ich mithalten will im Bietduell der Spielrunde. Genau diesen kleinen und feinen Spieldetails machen Kuhhandel für mich besonders und weiterhin empfehlenswert.