Das trickreiche Stichspiel erinnert zwar an den Stichspiel-Klassiker mit seiner Stichvorhersage, spielt sich in den entscheidenden Details aber ganz anders und damit neu. Doppelseitige Planken und Piraten in den vier Kartenfarben spielen dabei die Hauptrollen und sammeln für uns Punkte ein. Wer allerdings zu viele Schritte geht, der fällt über seine Planke hinaus ins Wasser fernab der Wertung. Ein herrlich-interaktiv-gemeines Vergnügen.
Auf der SPIEL DOCH! 2025 in Dortmund habe ich noch ein weiteres Spiel kennengelernt, was ich Euch bisher vorenthalten habe. Ich hatte es fast schon verdrängt, obwohl es mir spielerisch in unserer entspannten Fünferrunde erstaunlich gut gefallen hat. Erstaunlich deshalb, weil ich zunächst fälschlicherweise dachte, dass es nur eine Neuauflage von Skull King wäre und von noch einer Wizard-Variante hatte ich die Nase voll. Zumal ich auf einer Spielemesse war, die mit so vielen potenziell innovativen Neuheiten lockte. Ich hätte nicht falscher liegen können.
Skull King war vor elf Jahren eine thematische und glückslastige Wizard-Variante, bei der ich lieber zum Original von 1984 gegriffen habe. Auch, weil mein Wizard-Exemplar mitsamt Autogramm von Franz Vohwinkel unter Glas an meiner Flurwand hängt und ich somit mit dem Kartenspiel ganz eigene Erinnerungen habe. Da haben es die Nachfolger eben schwierig, diese emotionale Hürde zu überspringen. Skull Queen vom Autor Stefan Dorra erdacht und bei Schmidt Spiele im Herbst 2024 veröffentlicht, hat diese Hürde allerdings locker wie unerwartet genommen.

Fernab der Verlagsstände konnte ich Skull Queen kennenlernen. Die im aktuellen Jahr nochmals vergrößerte freie Spielefläche mitsamt Spieleausleihe gab unserer Spielrunde die Gelegenheit dazu. Wobei wir einen der letzten freien Spieltische erwischt hatten, denn der Messesamstag war mehr als nur gut besucht und der Andrang auf die Spielausleihe entsprechend groß. Leider war zu der Zeit kein Erklärer für uns greifbar, sodass wir uns die zwei Seiten Spielregeln selbst beigebracht haben. Überschaubar, ist Skull Queen doch klar ein Familienspiel. Nur sollte diese Familie auch gut was einstecken können, denn hier geht es arg interaktiv und auch etwas gemein zu. Wechselnde Schadenfreude spielt eben mit.
Denn wir übernehmen die Kontrolle über ein Piratenschiff auf Kaperfahrt. Ziel sind dabei die Karten der versammelten lieben Mitspieler. Bis zu fünf weitere Spieler können neben uns Platz nehmen. Und da wir unsere Karten wie halt üblich stets verdeckt auf der Hand halten, empfehle ich für größere Spielrunden einen runden Tisch. So kann niemand bei jemand anderes in die Kartenhand spicken. So einen runden Tisch hatten wir allerdings nicht, aber wir waren ja auch nur zu fünft und wollten Skull Queen nur entspannt kennenlernen. Da guckt man eben absichtlich weg.

Nachdem zu Beginn jedes neuen Durchgangs der Kartenstapel komplett gemischt und zwischen uns verteilt wurde, hatten wir nun unsere 10 Karten auf der Hand. Damit sollten wir in ein typisches Stichspiel mit Bedienzwang starten. Mit hohen Karten gewinnt man eher einen Stich als mit niedrigen Karten einer der vier Farben. Da erzähle ich nichts Neues.
Neu ist bei Skull Queen hingegen, dass wir zusätzlich eine Papp-Planke vor uns ausliegen haben. Auf der einen Seite mit aufsteigenden Punktewerten von 1 bis 8 und auf der Rückseite absteigend angeordnet. Wir dürfen frei entscheiden, welche Plankenseite wir nutzen wollen und ebenso, wo wir unsere vier farbigen Holzpiraten aufstellen wollen. Wobei der Ausgangswert erstmal nichts zählt, sondern nur, wo die eigenen Piraten am Ende des Durchgangs stehen werden.
Die Piraten auf den Planken sind sozusagen plastisch dargestellt unsere Stichvorhersagen. Denn die Piraten wandern bei jeder Stichauswertung. Wer die höchste Karte im Stich hat, lässt den farbig passenden Piraten einen Schritt nach vorne wandern. Wer die niedrigste Karte in den Stich gespielt hat, wandert einen Schritt zurück.
Da die Planken nicht endlos sind und man gerne und im Idealfall alle seine Piraten am Durchgangsende auf die maximale Punktzahl von 8 versammelt haben möchte, fallen auch mal ein paar Piraten von der Planke ins nicht mitgelieferte Wasser. Blub, blub und weg sind die Punkte in dieser Farbe. Die Karten des gewonnenen Stichs zählen hingegen nichts und sagen nur an, wer als nächster Spieler den Stich ausspielt, also als Erster eine Karte spielt und damit die Stichfarbe für alle vorgibt.

Einige Karten haben zudem Sondereffekte, damit Skull Queen selbst für Stichspiel-Profis nicht ausrechenbar wird. So sind die Achten nicht einfach nur eine Acht, sondern lassen den Spieler mit der höchsten Karte in dieser Farbe seinen Piraten um direkt zwei Felder nach vorne gehen. Wer da nur mit einem Schritt gerechnet hat, erlebt eventuell unverhofft das kühle Nass. Vergleichbare Eigenschaften bringen die Fünfen mit, nur dass es den Spieler mit der niedrigsten Karte dieser Farbe trifft und er um zwei Felder zurückwandert. Auch da sorgt ein Platsch für unverhohlene Schadenfreude am Tisch. So zumindest in unserer Runde und das hat die Spielatmosphäre enorm aufgelockert, weil es mal jeden von uns getroffen hat.
Bleibt das 0er-Äffchen, das genauso wie der 13er-Erste Maat nur einmal im Kartendeck vorhanden ist. Deshalb auch die angespielte Farbe annimmt und garantiert der niedrigste bzw. der höchste Wert ist. Denn die andere Karten zeigen die Werte von 1 bis 12. Mit diesen beiden Sonderkarten auf der Hand kommt dann auch die eigene Kontrolle zurück. Zumindest wenn man weiß, wann man die Sonderkarten ausspielen sollte, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Da profitiert der Stichspiel-Profi dann doch von seiner Spielerfahrung mit Skat und Doppelkopf. Traditionelle Kartenspiele, die ich selbst nie gespielt habe und deshalb bei den ganzen Stichspielen wenig eloquent mitreden kann.
So richtig turbulent wird es durch einen besonderen Auswertungskniff: In Skull Queen werden die Fehlfarben des Stichs auch in ihrer Farbe gewertet, und zwar immer dann, wenn mehr als eine solche Farbkarte ausgespielt aufeinander treffen oder als einzelne Fehlfarbe aus der letzten Runde jetzt mindestens einen Farbpartner findet. Somit bewegen sich in einem Durchgang nicht nur die Piraten des eigentlichen Stichs, sondern eventuell mehrere Piratenfarben.
Das sorgt für mehr Stimmung am Tisch, sorgte bei uns allerdings auch für einige Überraschungen, weil allzu gerne beim vorschnellen Ausspielen in den Konsequenzen übersehen. Aber genau da liegt die Herausforderung von Skull Queen, all das im Blick zu haben oder auf sein Glück zu vertrauen. Was die Mitspieler nach einem selbst ausspielen, kann ich eh nicht beeinflussen. Oder doch? Diese Diskussion überlasse ich abschliessend lieber den Stichspiel-Profis. Gerne ab damit in die Kommentare.