Das Kartenspiel für mehr Humor und Freude im christlichen Glauben hat mich überrascht und das positiv. Dabei lehnt es sich nicht nur beim Spieletitel an Cards Against Humanity an, sondern auch vom Spielablauf. Die eigentlichen Wurzeln liegen viel weiter zurück und reichen bis ins letzte Jahrtausend, das allerdings auch erst vor 25 Jahren endete. Ein Ausgrabungsversuch in die Spielehistorie der nicht zu fernen Vergangenheit.
Nähern wir uns unserer kleinen Ausgrabung vom Spielmechanismus her. Boardgamegeek als anerkannte Referenzinstanz des Brettspiels umschreibt das Genre der Wort-Assoziationsspiele mit Schiedsrichter mit „Hand Management, Player Judge, Simultaneous Action Selection“ und listet damit die drei Kernmechanismen auf, die dieses Genre definieren. Für mich herausstechend ist der Spielmechanismus „Player Judge“, den dabei gilt es, möglichst passende Kombinationen zwischen zwei Karten zu erreichen.
Eine davon ist zufällig, aber für alle vorgegeben und die Zweite wählen wir gezielt aus unseren Handkarten aus. Was passend ist, das entscheidet allerdings alleinig der aktive Spieler nach ganz eigenen Kriterien. Ob lustig, überraschend, skurril, albern oder irgendwie zu einer erlebten Situation zutreffend, entscheidet dieser Spieler in Schiedsrichterfunktion alleine. Manche könnten das „Willkür“ nennen und manchmal fühlt sich das auch genauso an.
Es gilt also nicht unbedingt die Handkarte zu wählen, die einem selbst am besten gefällt, sondern zu erahnen, was dem Schiedsrichter denn so gefallen könnte. Genau da liegt das interaktive Element, sich in seine Mitspieler hineinzuversetzen. Das ist von Runde zu Runde anders und kann auch mal gehörig daneben gehen.
Auf meine erste Partie Cards For Christianity bezogen und das in einer Spielrunde erlebt, in der ich nur einen Mitspieler besser kannte, musste ich mich erst einmal vorsichtig an die Vorlieben meiner Mitspieler herantasten. Schnell zeigte sich für mich eine durchaus vorhandene Tendenz zum schwarzen Humor, allerdings bitte nicht zu drastisch oder gar beleidigend. Für mich persönlich hätte es als alter Monty Python Fan ohne Schmerzgrenzen des Humors gar nicht tiefschwarz genug sein können. Aber um die eigenen Vorlieben geht es hier nicht, sofern man auch mal einen Treffer landen will.
Soweit zu den Gemeinsamkeiten. Ein Blick auf die Details der Meilensteine dieses Genres zeigt durchaus Unterschiede wie Entwicklungen. Ich habe dazu vier wegweisende Spiele ausgegraben, allerdings ohne den Anspruch auf absolute Vollständigkeit zu erheben. Wer von Euch sein Lieblingsspiel der „Wort-Assoziationsspiel mit Schiedsrichter“ vermisst, darf gerne die Kommentare bedienen und uns teilhaben lassen.
Cards Against Humanity
Autor: Josh Dillon und Freunde
Veröffentlichung: 2009
Verlag: Cards Against Humanity LLC

Zunächst als Print & Play Version entstanden, später als Kickstarter-Kampagne umgesetzt und nochmals später dann im Vertrieb über Amazon und Target. Ein auch kommerzieller Welterfolg, obwohl es das Spiel weiterhin kostenfrei als Download gibt. Aber nicht jeder möchte 30 ausgedruckte A4-Seiten in Spielkarten zerschneiden. Dabei bezeichnet es sich selbstironisch als „A party game for horrible people“ und ist klar ein Produkt seiner Zeit, mit teils sehr drastischen Themen, die nicht jeder bespielen möchte. Die Grenze zwischen schwarzem Humor und offener Menschenverachtung kann da fließend sein. Oder wird den Spielenden nur der Spiegel vorgehalten?
Mit der Altersempfehlung „17+“ positioniert sich das Kartenspiel bewusst als Erwachsenenspiel. Die Antwortmöglichkeiten „Dick pics“ und „An endless stream of diarrhoea“ sind im Direktvergleich dabei noch harmlos, aber nicht unbedingt als Familienspiel aller Altersstufen geeignet. Zumindest fordern die einem Erklärungen ab, die nicht jeder in so einer Spielrunde anbringen möchte. Inzwischen gibt es auch eine „Family Edition“. Eine offizielle deutschsprachige Version konnte ich nicht finden, nur genehmigte Fanübersetzungen der Selbstbastelversion.
Wie ich die Welt sehe
Autor: Urs Hostettler
Veröffentlichung: 2004
Verlag: Fata Morgana & Abacusspiele

Ein nicht ganz ernst zu nehmendes Kartenspiel für beliebig viele Leute, bei dem man aus den Vorschlägen der Mitspieler das kleinste Übel auswählen soll, wobei die Vorschläge aus der kleinen Vorratskammer wirrer Gedanken stammen. So ungefähr beschreibt der Schweizer Spieleerfinder und Liedermacher Urs Hostettler sein Spiel auf der Schachtelrückseite. Die Spielregel enthält diverse Erläuterungen und Tipps für eine gelungene Spielpartie und Varianten für drei und zwei Spielerinnen, schweigt sich allerdings über die Ursprünge des Spiels aus.
Als Skurrilität gibt es auf vier Seiten die „W.i.d.W.s. Helpline“ mit Begriffserklärungen von Alpha Centauri bis Zwangsjacke, die den Humor der Kartentexte aufgreifen. So erfahrt Ihr über den „sardischen Pfeifhasen“, dass er bei Gefahr wie ein Murmeltier pfiff, aber offenbar zu wenig laut, da ausgestorben. Eine weitere Besonderheit sind einige Antwortkarten, die nach Kulturbereichen aufgeteilt sind – A für Österreich, CH für die Schweiz und D für Deutschland. Es soll nur zwingend die Antwort der eigenen Nation gültig sein und den Rest solle man bitte vergessen. Spätestens an dieser Stelle der Anleitung solltet Ihr für Euch einschätzen können, ob Ihr auf derselben Humorlinie unterwegs seid.
Das Isses!
Autor: Frank Stark
Veröffentlichung: 2000
Verlag: Heidelberger Spieleverlag

Frank Stark ist nicht nur Autor, sondern auch Illustrator und Clown, Zauberer sowie FUNpädagoge in einer Person. Das zeigt sich schon bei der Gestaltung der Spieleschachtel. Statt langer Erklärtexte ist dort nur „Ein skurriler Kartenspass für 3 und mehr Spieler“ zu lesen. Zudem sind ungezählte Abbildungen der 170 im Spiel enthaltenen Bildkarten abgebildet. Und genau diese Bildkarten sind die Besonderheit des Spiels.
Wir ergänzen nicht einfach nur die Auslassung der ausliegenden Sprechblasenkarte wie „Kinder fanden … tief im Sandkasten vergraben!“ mit einem Handkartenbegriff wie „Knusprige Hähnchenschenkel“, sondern können uns ebenso an den Illustrationen unserer Bildkarten erfreuen. Damit werden diese knusprigen Hähnchenschenkel schon viel anschaulicher zum bestaunten Solarium, denn jede Bildkarte ist ein Einzelbild-Comic für sich.
Ob Ihr den Humor lustig oder doch nur zum Lachen findet, könnt nur Ihr selbst entscheiden. In meinen Spielrunden kam es gemischt an, auch weil die Comics das eigene Kopfkino zu sehr in abgebildete Bahnen lenken und vom eigentlichen Spiel eher ablenken. Die Illustration sollen allerdings nur „just for fun“ sein, wie uns die Anleitung verrät.
Apples to Apples
Autor: Matthew Kirby
Veröffentlichung: 1999
Verlag: Out of the Box Publishing

Auf der North American International Toy Fair in New York wurde im Februar 1999 eine auf 100 Stück begrenzte handgemachte Prototyp-Version von Apples to Apples vertrieben – ob verteilt oder verkauft, da waren sich meine begrenzten Quellen uneins. Damals hieß das Spiel noch „Apples and Oranges“, wurde aus Markenrechtsgründen dann aber für die erste offizielle Version umbenannt. Das Konzept und das originale Design stammte von Matthew Kirby, der es ein Jahr zuvor erfunden hatte.
Hierbei gilt es, eine vorgegebene Eigenschaft wie „grausam“ mit einer Dinge-Handkarte wie „Kakteen“ zu kombinieren, um vom aktiven Spieler ausgewählt zu werden. Die einzelnen Karten erklären, beschreiben oder umschreiben den Begriff – entweder langweilig-wissend in Lexikon-Art oder durch einen mehr oder minder passenden Spruch untermalt, teilweise auch mit einem Zitat diverser Berühmtheiten. Eine einheitliche Linie konnte ich dabei nicht erkennen, aber auch das kann den Reiz ausmachen, immer wieder neue Karten zu entdecken.
Die neueste deutschsprachige Version ist 2020 unter dem Spieletitel Apfelkompott bei Mattel veröffentlicht worden. Davor gab es 2005 die „Äpfel zu Äpfeln“ Version von Pegasus Spiele, die derweil gesucht und damit regelmäßig Höchstpreise vor Weihnachten erzielt. Wer Geld sparen möchte, greift zu einer der Erweiterungen, die auch ohne Grundspiel spielbar sind.
Hallo, danke für einen weiteren Artikel. Mein „Lieblingsspiel der Wortassoziationsspiele mit Schiedsrichter“ ist es zwar nicht, allerdings würde ich der Vollständigkeit halber gerne noch „Kampf gegen das Spießertum“ ergänzen. Wenn auch nicht die offizielle deutschsprachige Version, kommt es Cards Against Humanity wohl doch sehr nahe.
Es gibt davon inzwischen auch schon diverse Erweiterungen und eine Family-Edition.
Edit: Gerade bei der Suche nach „Cards for Christianity“ gefunden: „Karten gegen die Menschlichkeit“ scheint es inzwischen auch zu geben…
Danke für Deine Ergänzung.
Ich bin mir nicht sicher, ob dieses „Karten gegen die Menschlichkeit“ ein unlizenziertes Plagiat ist. Denn von Plastikdrachen bis Ohrenschmalzentferner gibt es diverse Produkte aus China, die neben dem Kartenspiel von der Marke HIMS angeboten werden. Der Hersteller und Verkäufer Hundred Views hat keine guten Bewertungen bekommen, sodass ich persönlich da vorsichtig bin. Im Zweifel würde ich auch eher „Kampf gegen das Spießertum“ von Kampfhummel Spiele kaufen. Ein ähnliches Spiel, aber eine andere Umsetzung von einem Kleinverlag, der seinen Sitz in der Schweiz hat.