Im achten Teil der Stefan Feld City Collection von Queen Games reiten wir mit unserem Jak durch die Landschaften Nepals. Unser gemeinsames Ziel ist das sagenumwobene Kathmandu und das bevor uns der aufziehende Sturm einholt. Ein taktisches Wettrennen auf entspannten Familienspiel-Niveau. Es könnte alles so gut sein, wäre da nicht der arg überzogene Verkaufspreis. Mein Ersteindruck aus Vielspielersicht.
Hand aufs Spielerherz. Wie viel ist Euch ein gutes Brettspiel wert? Also eines, das Ihr gerne spielt und auch nochmal spielen wollt. Kein absolut herausragendes Highlight des aktuellen Jahres, aber eines, das in Eurer Spielesammlung genau die Lücke zwischen Absacker und denklastigem Grübelkracher füllen könnte. Eine arg theoretische Frage, also machen wir die einfach mal konkret. Kathmandu, das neueste Spiel der Stefan Feld City Collection kostet 130 Euro bei Queen Games.
Dabei sprechen wir noch nicht einmal von einer exklusiven Luxus-All-In-Ausgabe, sondern nur von der so bezeichneten Classic Version. Wer hingegen keine Papp-Plättchen mag und lieber mit bedruckten Acryl-Spielsteinen spielt und dazu ein Papp-Schachtelinlay haben möchte, der zahlt für die Deluxe-Version knapp 150 Euro beim Verlag. Im Handel bekommt Ihr Kathmandu Classic für rund 105 Euro, sofern Ihr es dort überhaupt findet. Preiswerter seid Ihr auf diversen Spielemessen unterwegs, weil ich dort schon Angebote für 70 und 100 Euro gesehen habe – direkt bei Queen Games als Classic- und Deluxe-Ausgabe von Kathmandu.
Kurz gesagt, wer Kathmandu selbst besitzen möchte, der muss tiefer als gewohnt in seine Taschen greifen. Ok, die Spieleschachtel ist gut gefüllt und das Material selbst in der Classic-Version durchaus hochwertig. Allerdings nicht so besonders, um dafür 70 bis 130 Euro aufrufen zu müssen. Eigentlich hätte ich mir Kathmandu gerne gekauft, um es fernab meiner Erstpartie auf dem SpieleWahnsinn in Herne weiterhin spielen zu können. Zwar war Queen Games selbst nicht auf der Veranstaltung, aber die SpieleWahnsinn Spieleausleihe hatte Kathmandu mit dabei. Perfekte Gelegenheit, denn vor Blindkäufen schrecke ich inzwischen zurück, aus Erfahrung und besonders in dieser Preisklasse.
Eventuell wäre ich für 100 Euro in der Deluxe-Version doch schwach geworden, aber nur weil ich schon viel mehr Geld für schlechtere Spiele ausgegeben habe. Zu meinem Glück gab es dieses Angebot vor Ort nicht. So bin ich erst gar nicht ins Grübeln gekommen. Ein Bauchgrummeln hätte ich trotzdem gehabt.
Was aber macht Kathmandu überhaupt so besonders, dass es für mich als Kauf infrage gekommen wäre? Für die kompletten Spielregeln verweise ich Euch dazu auf die vielen Videos auf YouTube, ich fokussiere mich hier lieber auf meine Vielspieler-Meinung.
Kathmandu ist ein Wettrennen im Wettstreit mit unseren Mitspielern. Denn die Auslage der Tier- und Ausrüstungskarten steht uns allen zur Verfügung, aber nur einer von uns kann die für sich beanspruchen. Und wenn die Auslage für den aktuellen Durchgang leer ist, dann wart Ihr schlicht zu langsam. Vergleichbar mit den auf dem Spielplan verteilten Stadtteilen. Wer zuerst dort ankommt, schnappt sich die dort ausliegende Ware. Das alles bringt Vorteile oder Punkte und die wollt Ihr für Euch selbst haben.
Das ganze Spiel ist ein Punktesalat. Allerdings im guten Sinne. Denn das gibt Euch eine Vielfalt von Möglichkeiten. Alles könnt Ihr in einer Spielpartie sowieso nicht machen. Auf eine Sache fokussieren oder doch lieber breiter aufstellen, um flexibel zu bleiben? Egal wie Ihr Euch entscheidet, Kathmandu belohnt Euch für ein Stefan Feld Spiel unerwartet oft. Einzig am Spielende kann es Punkteabzug hangeln. Denn wer zu sehr bummelt und sich von den Möglichkeiten am Wegesrand ablenken lässt und nicht zügig genug unterwegs ist, kommt bis zum Spielende eventuell erst gar nicht in Kathmandu an.
Das wird bestraft. Ebenso wenn Ihr zu lange auf einem Spielplansegment verweilt, denn zurückziehen, um lukrative Felder zu besuchen, ist keineswegs verboten. Am Horizont hinter uns zieht eine Gewitterfront auf und wer davon eingeholt wird, muss Erschöpfung hinnehmen, was uns ausbremst. So erleben wir den Spannungsbogen, nicht zu langsam zu sein, aber ebenso nicht zu viel liegenzulassen.
Die Denktiefe von Kathmandu habe ich als angenehm empfunden. Als Familienspiel werden unsere Aktionsmöglichkeiten durch Würfel bestimmt. Über die Würfelfarbe sammeln wir Ressourcen ein und die Augenzahl bestimmt die Zugweite. Unser Yak ist da recht eigen und zieht weder mehr noch weniger und im Zug abbiegen will es schon gar nicht. Also alles pures Glück? Begrenzt ja, aber auch nur begrenzt, denn wir können Ausrüstung einsetzen, um unseren Zug zu manipulieren und notfalls durch Würfelabgabe alle anderen neu werfen. Dadurch werden die eigenen Optimierungsmöglichkeiten begrenzt und Kathmandu spielt sich entsprechend flott, sodass eine Partie durchaus im Rahmen von ein bis zwei Stunden bleibt.
Jede Partie kann und wird anders verlaufen. Genau diese Variabilität mag ich. Die beginnt schon beim Spielaufbau, weil von den sechs doppelseitigen Landschaftstableaus eine zufällige Seite ausgelegt wird und wir ebenso die Ausrichtung und Anordnung bestimmen. So können wir einfache wie auch herausfordernde Partien mit vielen Gebirgsfeldern im direkten Weg aufbauen. Wer eine längere Partie bevorzugt, der legt direkt alle sechs Landschaften aus und spielt acht statt nur sechs Durchgänge.
Über optionale Zeltkarten können wir zudem unsere Mitspieler gezielt ausbremsen. Ein kleines Ärgerelement, das als Modul mit in die Partie genommen werden kann. Wer mag, der kann auch mit einem der sechs verschiedenen Charaktere spielen. Die sorgen für asymmetrische Startressourcen und eine ganz eigene Sondereigenschaft. Zum Glück ohne Aufpreis direkt beim Grundspiel mit in der Schachtel und nicht als 5 Euro Queenie angeboten.
Der Spielverlauf ist denkbar einfach, verzichtet auf unnötige Schnörkel und war deshalb schon in der Erstpartie einprägsam für mich. Würfel wählen und passende Ressource nehmen, Yak bewegen, Aktion auf dem Zielfeld ausführen. Das dreifach pro Durchgang im Wechsel mit den Mitspielern wiederholen und den nächsten Durchgang vorbereiten, in dem neu gewürfelt und die gemeinsame Tier- und Ausrüstungsauslage aufgefüllt wird. Fertig. Das ermöglichte mir, mich direkt aufs Spielgeschehen und nicht auf die Einhaltung der Regeldetails zu konzentrieren. Hier zeigt sich die Handschrift eines erfahrenen Spieleautors, der genau weiß, dass weniger oftmals mehr und Eleganz besser als Überfluss ist.
Kathmandu wird gerne mit Wettlauf nach El Dorado verglichen. Eines meiner Lieblingsspiele und Kathmandu liegt auf einer vergleichbaren Denktiefe. Hier wie da gibt es Landschaftsteile, die aneinander gelegt den Spielplan ergeben. Ebenso ist es ein Wettrennen. El Dorado noch wesentlich mehr. Beide Spiele sind elegant durchkomponiert – Reiner Knizia und Stefan Feld verstehen ihr Handwerk eben. Ebenso ist Glück mit im Spiel, wenn wir die Motoren der Spiele vergleichen – dort Karten und hier Würfel. Da hören die Gemeinsamkeiten dann aber schon auf, denn der Spielablauf ist ausreichend verschieden, um beide Spiele im Schrank haben zu können. Das eine schließt das andere Spiel nicht aus.
Somit bleiben für mich eigentlich nur zwei Kritikpunkte. Den überzogenen Verkaufspreis habe ich schon angesprochen. Dazu ist mir aufgefallen, dass der orange Würfel von seiner Farbe nicht wirklich zu den orangen Münz-Plättchen passen. Der Würfel hat einen zu hohen Rotanteil und ähnelte damit eher den rosa Yakfutter-Plättchen. Eventuell eine persönliche Farbschwäche, denn meine Mitspielerin hatte diese Unterscheidungsprobleme nicht. Ob die bei der Deluxe-Version mit Acryl-Ressourcen ebenfalls auftauchen, kann ich nicht sagen.
Im Zweifel schaut Euch Kathmandu vor dem Kauf selbst an. Auf einer Messe am Queen Games Stand ist das Spiel sowieso am preiswertesten zu bekommen und da könnt Ihr direkt den Farb-Quervergleich für Euch ziehen. Und ebenso vor Ort entscheiden, ob Euch das Spiel den verlangten Preis auch wert ist – ob in der Classic- oder Deluxe-Version.