Vor nun mehr sechs Jahren habe ich mir gewichtete Pokerchips gekauft. Direkt einen ganzen Koffer voll, um das lästige Papiergeld in meinen Brettspielen zu ersetzen. Im Gegensatz zu meinen Brettspieltisch-Erfahrungen habe ich den Kauf nie bereut. Auch wenn die Einsatzmöglichkeiten weitaus geringer ausgefallen sind, als ich damals gedacht habe.

Direkt vorweg gesagt. Ich schreibe hier nicht von irgendwelchen Pokerchips, die man auf Amazon & Co so finden kann. Es geht um die Kings & Queens Brettspielchips, die MetalPirate aus dem unknowns-Forum zusammen mit Josef von Pokershop.de erdacht und umgesetzt haben. Ein echtes Liebhaberprojekt, denn diese Chips sind „custom ceramics poker chips“. Also nach einem eigenen Design erstellt und eben nicht aus Keramik wie man meinen könnte. Also keine Angst, wenn so ein Chip mal vom Tisch fällt. Da wird nichts zerbrechen, denn die Chips sind überwiegend aus Plastik hergestellt und haben eine aufgeraute Oberfläche. Das verhindert, dass Euch Chips oder Stapel davon aus der Hand flutschen.

Zudem haben die Chips sogenannte „aligned edge spots“. Das Design der Vorder- und Rückseite setzt sich somit passend ausgerichtet auch auf dem Rand der Chips fort. So ragt das Wappenschild in den Rand hinein und bildet dort in Verbindung mit den zwei Chipseiten den „edge spot“. So könnt Ihr die einzelnen Chips auch gestapelt alleinig am Rand auseinanderhalten. Das Abzählen Eurer Chips in einem Stapel wird dadurch einfacher. Kleine Details, die allerdings in der Summe der Umsetzungen den Unterschied ausmachen. Hier hat sich jemand in Person von MetalPirat wirklich Gedanken gemacht, wie man Pokerchips für die speziellen Anforderungen der Brettspieler optimieren kann.

Im Herbst 2019 habe ich mich mit einem 500er-Koffer an dem Projekt beteiligt. Die so bezeichnete „Emperor Edition“ in der Chipverteilung nach Vorbild vom Brettspielautor Stefan Feld, der damit nach eigenen Angaben seine Prototypen endlich mal vernünftig ausstatten konnte. Das hat sich danach als „Stefan-Feld-Chipverteilung“ als festen Begriff eingebürgert und auch so könnt Ihr die Kings & Queens Brettspielchips auch weiterhin bei pokershop.de kaufen. Während ich damals noch 270 Euro inklusive Versand bezahlt habe, kostet das 500er-Set derweil knapp 350 Euro. Klingt teuer, aber die gelieferte Qualität ist diese Investition fürs Spielerleben absolut wert.

Damals war ich im Ersteindruck begeistert:

Alles super verpackt gewesen. Sieht alles gut aus. Die Chiptrays sind dank ausreichend Umverpackung alle unbeschädigt angekommen. Pokerkoffer hat ein paar minimale Schrammen am Rand auf der Unterseite. Mir gleich, weil sieht man eh nicht wirklich und der dient nur zum Schutz und Transport. Also alles gut. Der Koffer ist im Vergleich zu den Amazon-Pokerkoffern zudem vom Inlay wesentlich stabiler, sieht von außen aber vergleichbar aus und damit erkennt niemand, dass da eben kein 30 Euro Plastikchip-Set verborgen ist. Gut so.

Die Chips sind angenehm matt. Die Spiegelungen der Silberfolien-Aufkleber hat mich bei anderen Chips immer gestört, weil man je nach Lichteinfall den Wert nicht mehr richtig erkennen konnte. Zudem liegen die Chips angenehm rau in der Hand. Erinnern mich ein wenig – aber positiv – an die alten Chips beim Autoscooter der 80er-Jahre-Dorfkirmes. Sind angenehm schwer, aber eben nicht übertrieben schwer und haben einen schön wuchtig-dumpfen Klang. Gefällt mir und sehen so aus, als ob die ein Spielerleben und darüber hinaus halten könnten. Also eine Anschaffung, die in die Erbmasse einfließen kann. Die Investition hat sich gelohnt.

Die Begeisterung hatte sich auch nach intensiver Analyse nicht gelegt:

An den bedruckten Stellen ist der Chip rauh und an dem unbedruckten Randbereich auf der Vorder-Rückseite eben glatt. An der Randseite des Chips fällt mir hingegen kein Unterschied zwischen Druck und Nicht-Druck auf. Das ist für mich völlig in Ordnung.

Eine Farbvarianz innerhalb einer Chipziffer kann ich persönlich nicht oder wenn dann nur an der Wahrnehmungsschwelle erkennen. Drehe ich einen solchen Chip, der scheinbar eine leicht kräftigere oder blassere Farbe an der Randseite hat, dann ist diese Farbvarianz schon wieder weg. Es scheint also innerhalb des Chips eine extremst geringe Farbvarianz zu geben. An der Vorder- und Rückseite der Chips erkenne ich da hingegen keinerlei Abweichungen. Und wenn ich mir im Vergleich meine LEGO-Steine anschaue, dann sind das bei den LEGO-Modellen Farbabweichungen, die eine 10er-Potenz höher im Vergleich zu den Brettspiel-Chips liegt. Die Farbtreue der Brettspiel-Chips ist wesentlich besser.

Die Chiptrays sind gut, weil praktikabel und stabil. Es passen 20 Chips hintereinander und 5 nebeneinander. Aber eigentlich sind es 20 1/2 Chips. Es ist also ein wenig Luft und Spiel pro komplett gefüllter Reihe. Bei geschlossenem Deckel wackeln die Chips im Transport etwas hin und her, sind aber sicher in ihrer Reihe gesichert. Wem das missfällt, der könnte ein Chip als Vorlage nehmen und selbstklebenden Film in Halbkreisform ausschneiden und innen an die hintere Randreihe kleben. Oder Ihr schneidet Euch einen Pappstreifen aus, der fünf Halbkreise hat und legt diesen Pappstreifen beim Transport hinter die letzten Chips einer Reihe. Dann sollte auch nichts mehr klappern, sofern Euch das Klappern überhaupt stört.

Auch nach einigen Wochen kann ich nur weiterhin sagen, die Chips haben sich von Optik und Haptik und Handling voll gelohnt. Eventuell wären 300 Stück auch völlig ausreichend gewesen, weil im typischen Brettspieleinsatz habe ich eh meistens nur ein 100er-Tray mit 1-2-5-10er dabei. Eben passend zu den mitgenommenen Spielen als Geldersatz oder Zählhilfe für Siegpunkte. Aber gut zu wissen, dass ich für alle Gelegenheiten gerüstet bin bis ans Spielerleben und die kommenden 10 Spielergenerationen. Einzig hat meine Lust auf Deluxe-Versionen abgenommen, weil was soll ich da mit Metallmünzen, wenn ich sowieso die Kings & Queens Chips einsetzen will.

In Summe habe ich damals den Kings & Queens Brettspielchips mein Qualitäts-Stempel „99% ravn approved“ verliehen und das war und ist eine absolute Höchstwertung, denn absolute Perfektion gibt es nicht. Die Chips sind aber extrem nah dran.

Fast sechs Jahre später ziehe ich nun meine finale Bilanz und die fällt differenzierter aus, weil durch die erlebte Brettspieler-Realität in ihre Schranken verwiesen worden:

Haptisch sind die Kings & Queens Brettspielchips weiterhin toll. Darin hat sich nichts geändert. Dazu schön schwer, sodass ich gerne im Spiel damit herumklimpere. Auch von der anderen Seite des Spieltisches sind die auch ohne Lesebrille gut zu erkennen und in deren farbigen Werten für mich gut zu unterscheiden, wenn es darauf ankommt, das aktuelle Vermögen oder den Punktestand der Mitspieler einzuschätzen. So gesehen eigentlich alles richtig gemacht. Gäbe es nicht zwei subjektiv von mir empfundene Pferdefüße.

Die gewichteten Pokerchips bringen einiges an Gewicht mit. Sodass ich seltenst den ganzen 500er-Pokerpoker zu einem Spieletreff mitschleppen mag, da muss es mindestens schon ein Spielewochenende sein. Und selbst da begnüge ich mich meist mit einem kleinen 100er-Tray mit den Werten 1-2-5-10-20. Das reicht für fast alle Kartenspiele aus, in denen wir Punkte zählen und somit auf die nervige Aufschreiberei verzichten können. Überwiegend kommen meine Pokerchips nur da zum Einsatz, wenn das Spiel an sich keine eigene Währung mitbringt. Das ist in den letzten Jahren allerdings immer seltener geworden.

Deluxe-Versionen und Kickstarter-All-Ins haben die Pokerchips in meinen Brettspielen fast überflüssig gemacht. Weil so übersichtlich die Kings & Queens Chips auch aussehen, so unthematisch sind die auch. Wenn ich im Direktvergleich stattdessen Zugriff auf gut designtes Brettspiel-Geld habe, das nicht nur thematisch zum jeweiligen Spiel passt, sondern auch optisch genauso so auf dem Spielbrett und in den Spielübersichten abgebildet ist, dann sehe ich keinen Grund, warum ich stattdessen auf meine Kings & Queens Chips ausweichen sollte. Papiergeld ist bei Neuheiten kaum noch gesehen und 18xx-Spiele sind auch nicht mein übliches Tageswerk, sodass für neutrale Pokerchips inzwischen wenig Spielraum bleibt, um die mal wieder zum Einsatz kommen zu lassen.

So bleibt mein Kings & Queens Brettspielchip-Koffer eines – schön, schwer und griffbereit, dennoch viel zu selten benutzt. Aber gut zu wissen, dass ich den griffbereit habe, wenn ich den mal wieder brauche. Erst letztens wieder zum Punktezählen beim 2F-Kartenspiel Fischen und auch bei Flip 7, um auf einen Blick zu wissen, wer gerade mit wie vielen Punkten führt. Nur reicht da meist mein mitgenommener 100er-Tray, während die restlichen 400 Chips zu Hause auf die nächste Gelegenheit warten.

Eine Kaufempfehlung spreche ich trotzdem aus, Ihr solltet nur für Euch wissen, wie viele Chips Ihr wirklich benutzen werdet. Im Zweifel klein starten und dann nachkaufen, so sagt die eigene Vernunft, während der Spielerbauch doch bitte direkt diesen 500er-Koffer in Stefan-Feld-Chipverteilung haben muss.

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