Aus dem eigenen Brettspiel-Nähkästchen geplaudert und hier müssen wir einfach persönlich werden, ohne Namen zu nennen, denn es geht um die Personen am Spieltisch und deren Verhalten. Brettspiel braucht Mitspieler und die kann ich mir nicht immer gezielt aussuchen, auch weil man sich eventuell gegenseitig noch gar nicht kennt. Das birgt so manche Überraschungen.
Mit Blick aus dem eigenen Elfenbeinturm des gelernten Brettspielhandwerks lässt es sich prima urteilen – auch für mich. So blicke ich perspektivisch von oben und wissend herab auf die Herausforderungen von neu gemischten Brettspielrunden. Das kann gut gehen, muss es aber im Einzelfall nicht. Hängt zudem auch stark von den eigenen Erwartungen ab, was man sich so von einer Spielrunde verspricht und ob die zusammengewürfelten Personen das überhaupt erfüllen können oder eher auffällig werden. Ich habe da schon so manche Extreme erlebt, von überraschend entspannt bis wirklich nervig unangenehm.
Als Neuling auf einem halb-offenen Spieletreff unterwegs zu sein, kann anstrengend sein. Besonders, wenn sich sonst alle schon kennen und längst zu festen Spielrunden verabredet haben. Wenn man mit den ebenfalls nicht einbezogenen Mitspielern übrig bleibt und notgedrungen spontan bis übereilt eine eigene Gruppe bildet, dann sind Überraschungen möglich – in beide Richtungen. Kenne ich zu gut. Eben auch, weil ich die Perspektive als Neuling oder neuer Besucher kenne. Ich empfinde es als Neuling eines Spieletreffs einfach entspannter, wenn Dich jemand der alten Hasen direkt anspricht und versucht einzubeziehen. Eben ohne zu aufdringlich oder überrumpelnd zu wirken oder zu sein.
Das kann aber auch ebenso nach hinten losgehen, wenn man sich selbst in der Rolle dieses alten Hasen sieht. Nicht ohne Grund wurde ich deshalb im Anschluss eines schon lange zurückliegenden offenen Spieletages absolut treffend und nett gemeint als „Idiotenmagnet des Tages“ betitelt. Weil ich es irgendwie geschafft habe, nacheinander zwei Neulinge am Spieltisch zu sammeln, die sozial arg suspekt und charakterlich echt unangenehm waren. Also genau die zwei Nieten anzuziehen im Kreise von rund zwei Dutzend Neulingen, mit denen das Mitspielen so gar keinen Spaß gemacht hat – bis zum berechtigten Spielabbruch durch andere Mitspieler.
Ebenso kann es passieren, dass die bisher unbekannten Mitspieler sich selbst als versierte Brettspieler vorstellen und dann während der Partie immer klarer wird, dass die Selbsteinschätzung eher eine Überschätzung war. So hatte ich es bei der Regelerklärung von Zug um Zug als zu selbstverständlich hingenommen, dass klar sein sollte, was der Begriff „Joker“ ist und was der spielmechanisch bedeutet. Wie sich dann später gezeigt hat, war das einem Mitspieler doch nicht klar, als dieser für eine einfache 4er-Strecke direkt vier Joker-Lokomotiven ohne eine einzige Farb-Wagenkarte ausspielte.
Aus Scham oder Scheu, die eigene Unwissenheit bloßzustellen, wird dann nicht direkt nachgefragt, sondern einfach mitgespielt. Dabei gibt es wirklich keine blöden Nachfragen und nicht selten habe ich schon genau das gefragt, was gerade vor mir ein anderer Mitspieler ebenso nachgefragt hatte. Tja, ich sollte bei Regelerklärungen doch mal zuhören, anstatt übermütig-allwissend meine Gedanken zu fern schweifen zu lassen.
Wirklich blöd und das ist zum Glück die absolute Ausnahme, wird es für mich allerdings immer dann, wenn Mitspieler mal so gar keinen Respekt vor fremden Spielmaterial mitbringen. Wie vom Skat gelernt, werden dann die Handkarten mit maximaler Biegung auf den Tisch gekloppt, sodass selbst Kartenhüllen dagegen machtlos sind. Oder es wird wie selbstverständlich die gereichte Anleitung in Gegenrichtung geknickt und mit der Faust in ihre neue Form gewalzt. Oder jemand stützt sich gedankenverloren auf seine Spielübersicht ab, um die dann durch den Armschweiß mitsamt seiner Kartenauslage vom Spieltisch zu reißen. Und das nicht einmal, sondern mehrmals, ohne jeglichen Lerneffekt. Das sind dann Situationen, in denen ich auch mal energisch und entschieden lauter werden kann. Und das sind dann auch Personen, bei denen ich meine Spiele nicht mehr auf den Tisch bringe oder mir zukünftig andere Spielrunden suche.
Ich persönlich lasse mich von diesen wenigen Negativ-Erfahrungen aber nicht abschrecken und spiele weiterhin mit neuen Mitspielern. Manchmal sind daraus langjährige Bekanntschaften bis Freundschaften entstanden, die nur so möglich waren. Das ist es dann auch wert gewesen. Grüße gehen raus! Fast immer war das Erlebnis gut, oder zumindest ok. Nur ganz selten passte die Chemie einfach nicht und noch viel seltener war es wirklich unangenehm. So zumindest meine eigene Perspektive. Weil wer weiß schon, wie viele von den Einmal-Mitspielern mich als blöd empfunden haben?