Willkommen auf dem selbstgeschaffenes Konsumkarussell, das sich immer schneller dreht. Weil wir es so wollen und brauchen und unsere Freude daraus ziehen. Nur geht es überhaupt noch um die Spiele an sich oder eher um den Neuheitenrausch und den Besitz, der zur Last werden kann? Eine gedankliche wie nachdenkliche Reise auf der Suche nach Gründen, sofern es die überhaupt braucht.

Muss es wirklich ständig das neueste Brettspiel sein? Hauptsache neu, obwohl noch ausreichend ungespielte Spiele auf ihre Erstpartie warten. Ist die Vorfreude auf ein neues Spiel schon mit dem Kauf an sich vorbei und aufgebraucht, bevor es überhaupt geliefert wurde und zu Hause einziehen kann?

In allem schlummert die Hoffnung, dass das nächste Spiel noch viel besser als die vorherigen sind. Das will man unter keinen Umständen verpassen oder erst für sich entdecken, wenn es schon längst niemand mehr spielen will. Ist ja keine Neuheit mehr und alte Spiele haben es schwer, in einer direkten Konkurrenzsituation mit dem Neuen auf den Spieletisch zu kommen. Diese Argumentationskette reicht als eigene Rechtfertigung schon aus, um sich dafür dem Konsumrausch hinzugeben. Einen Rausch, der allerdings arg schnell wieder verflogen ist. Und schon braucht es den nächsten Neuheiten-Kick, um die eigene Lust nach neuen Brettspielen zu befriedigen.

Was ist die Halbwertzeit eines Brettspiels? Wann ist es emotional verbraucht, obwohl es den Spieltisch noch nie gesehen hat? Und bin ich eventuell selbst das Problem, weil ich irgendeine innere Leere mit Brettspiel-Neuheiten füllen muss? Solange ich mir diesen Luxus leisten kann und der nicht zur Last wird, weil Spiele in Kartons auch irgendwo verstaut werden wollen, gehe ich diesem Hobby gerne nach. Genauso wie ich gerne eine ganze Tafel Schokolade esse, obwohl ich weiß, dass mir das nicht guttut – fernab des Momentes, der so schnell vergeht, wie sich Kakao und Zucker auf meiner Zunge auflösen und verschwunden sind. Genauso wie der kurzfristige Kick von Brettspiel-Neuheiten.

Im Gegensatz zu anderen Leidenschaften – oder wollen wir hier wirklich schon von einer Sucht sprechen – empfinde ich mein Brettspiel-Hobby als weitgehend harmlos. Harmlos für mein Umfeld und harmlos für mich selbst. Auch weil ich diesen Neuheiten-Kick nicht ständig nachrenne, dazwischen durchaus reflektiere und mich selbst kritisch hinterfrage. Ob das schon reicht oder nur eine klein machende Ausrede und Rechtfertigung ist?

Solange ich meinen Mitspielern mit meinen Spiele-Neuheiten am Spieltisch eine Freude machen kann und ich ebenso diese Erstpartien bis hin zu entdeckten Evergreens erlebend genieße. Tja, so lange gönne ich mir ab und zu diesen Neuheiten-Kick. Und dazwischen kann ich gut und gerne auch mal verzichten. Nicht dem ersten überschwänglichen Kaufimpuls nachgehen. Sondern nüchtern betrachten, ob dieses Spiel und alles, was ich dort hineininterpretiere, wirklich für mich taugen würde. Ob es eine Lücke in meiner eh schon zu prall gefüllten Spielesammlung füllen kann. Oder eben doch nur mehr des Gleichen ist, nur eben nur neuer und deshalb oberflächlich interessanter.

Erst letztens habe ich diese Überlegungen in der gelebten Praxis mit dem Spiel Terrorscape durchgemacht. Das Spiel klang in diversen Berichten durchaus interessant und wirklich spielenswert. Zumal es das aktuell ganze 7 Euro preiswerter als sonst gab und das sogar beim Brettspielhändler um die Ecke. Also nur eine kurze Autofahrt entfernt, deren Kosten ich hier mal unter den Tisch fallen lasse.

Zum Glück habe ich mir noch weitere Reviews angeschaut, die einen kritischeren Blick auf den Ami-Trash-Slasher mit Hidden-Movement-Mechanismen hatten und dabei auch die Schwächen im Spielablauf dargestellt haben. Die endgültige Kaufentscheidung musste ich deshalb um einen Tag vertagen. Also nochmal darüber geschlafen. Und schon war das Spiel vor Ort ausverkauft und ich auch nicht bereit, den Vollpreis beim Hersteller und Versender zu zahlen.

Stattdessen werde ich Terrorscape lieber bei einem kommenden Spieletreff mal mitspielen. Weil dort hatte ich die schon ein Jahr alte Neuheit am Nebentisch gesehen uns so bin ich erneut auf das längst vergessene Spiel aufmerksam geworden. Ein übereilter eigener Blindkauf, der sich nur auf fremde Erfahrungen und eigene Erwartungen stützt, der ist schlicht furchtbar unlogisch, wenn eine mitgespielte Partie in naher Reichweite und Zukunft liegt.

Ob ich Terrorscape dann doch noch selbst besitzen muss, das wird sich dann am Spieltisch zeigen. Und wenn es bei mir zündet, dann jammere ich den 7 Euro potenzieller Ersparnis auch nicht mehr hinterher. Auch weil ich für mich weiß, dass ich bei Nichtgefallen im Rahmen meiner Erstspiel-Session mal eben 90 Euro sparen konnte.

Zumal ich mit Mind MGMT ein spielmechanisch wesentlich gehaltvolleres Spiel schon längst im Schrank stehen habe. In das hatte ich vor Zeiten auch eine ganze Menge an Hoffnungen gesetzt, nur um es dann doch nicht so oft auf dem Tisch zu bringen, um es wirklich vollumfänglich erleben zu können. Hatte alles seine Gründe. Das Schicksal von so manchen eigentlich gutem Spiel in meiner Ansammlung von Brettspielschachteln voller Erwartungen.

Aber darüber und warum ich dafür trotzdem zum Loblied anstimmen werde, das alles erzähle ich Euch an einem kommenden Brettspieltag.

Ein Gedanke zu „Die Suche nach dem nächsten Neuheiten-Kick“
  1. Derweil konnte ich Terrorscape mitspielen. Zwei tolle atmosphärische Partien erlebt als Überlebender in entspannter 4er-Runde. Zweimal wurden wir zerschnetzelt vom Schlächter mit seiner Motorsäge. Die Revanche-Partie war extrem knapp. Ja, das Spiel hat seine Schwächen, denn wer spielerischen Tiefgang erwartet, der ist bei einer 40 Minuten-Session (unsere Erste war wesentlich kürzer und tödlicher) schlicht falsch. Terrorscape will nach meinem Verständnis vor allem flott gespieltes Gameplay bieten, eine Menge an Atmosphäre und die Spannung eines Horror-B-Movies. Und genau das hat es auch geschafft, deshalb beim Brettspielladen um die Ecke bestellt. Allerdings erstmal nur das Grundspiel statt „All-in“ zum mehr als doppelten Preis.

    Terrorscape dreht das Many-vs-One Spielprinzip von Mind MGMT um. Hier jagt ein Killer drei Überlebende – unabhängig von der Mitspieleranzahl. Also ausreichend anders, um neben Mind MGMT bestehen zu können, zumal Mind MGMT eher auf kombinatorische Deduktion setzt und Terrorscape auf Atmosphäre und Überraschung.

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