Wie kann ich von etwas berichten, was ich Euch schlicht nicht erzählen sollte? Um Euch nicht den Spielspaß an Vantage zu nehmen. Denn der entsteht vor allem aus dem Entdecken dieses Planeten, den sich daraus ergebenen kleinen wie großen Geschichten. Deshalb versuche ich mich stattdessen an einer Einschätzung, für wen Vantage taugt und für wen auch nicht.
Die aktuelle Neuheit von Stonemaier Games nennt sich Vantage. Der mir vorab nicht geläufige englischsprachige Begriff „Vantage“ beschreibt einen Ort oder auch eine Situation, die Euch einen gewissen Vorteil bietet. Das kann ebenso örtlich gemeint sein, wie eine umfassende Sicht oder eine beeindruckende Perspektive wie von einem Aussichtspunkt. Allerdings ebenso ist es der vorteilhafte Blickpunkt, der Grundlage eines Standpunktes werden kann. Eben weil Ihr eine besondere Sichtweise einnehmen könnt, die Euch bevorteilt.
So wage und ungreifbar kann sich auch der Spielablauf von Vantage anfühlen. Ihr seid in Euer Euch noch unbekannten Welt und habt eine gemeinsame Mission und ansonsten nur Möglichkeiten. Diese ergeben sich durch die Welt selbst, die Ihr allerdings noch erkunden müsst. Also wandert Ihr umher und führt Aktionen aus, die Euch hoffentlich Eurem Ziel näherbringen und Euch in dieser Welt überleben lassen.
Dazu müsst Ihr allerdings diese Welt verstehen. Das fängt mit der exklusiv von Euch gesehenen Ortskarte an, welche Eure aktuelle Umgebung aus Eurer Perspektive zeigt. Nahes ist deutlicher zu erkennen, während Details in der Ferne schon schwieriger einzuordnen sind. Ein kurzer Beschreibungstext hilft Euch, das Gesehene einzuordnen und beschreibt auch mal andere Sinneseindrücke, um Euren Blick in die Spielwelt zu unterstützen. Zudem habt Ihr sechs verschiedene Aktionsmöglichkeiten, die mit sehr speziellen und spezifischen Verben umschrieben sind und zu sechs Begriffskategorien gehören. So kann in der Kategorie „Take“ die Möglichkeit „Steal“ vorkommen. Oder die Kategorie „Engage“ ist mittels „Push“ repräsentiert. Worauf sich diese Interaktion bezieht, sollte Euch hoffentlich aus dem Beschreibungstext des Ortes deutlich werden. Teilweise sind die Aktions-Symbole auch in der Orts-Illustration verteilt, wenn die sich auf verschiedene Objekte oder Subjekte beziehen.
Absolut eindeutig ist das allerdings nicht immer. Entweder weil Ihr den englischsprachigen Beschreibungstext nicht vollständig und wortgetreu verstanden habt, oder Euch die verwenden Aktions-Vokalen nicht geläufig sind – und dabei ist „Steal“ und „Push“ noch gewöhnlich. Oder eben, weil Ihr nicht versteht, was Ihr dort überhaupt seht. Schließlich seid Ihr auf einem Euch unbekannten Planeten abgestürzt und das an einem Ort, der zufällig ausgewürfelt wurde. Keine Angst, das ist kein Spoiler, weil Ihr diesen Absturz in der zweiten Minute Eurer Spielpartie sowieso immer erfahren werdet. Das ist sozusagen Eure Ausgangslage für jede Session von Vantage.
Dazu kommen noch ganz viele kleine Textpassagen aus ein bis zwei Absätzen, die in den beiliegenden Storyheften verteilt sind. Die solltet Ihr ebenso wortgenau und von ihrer Gesamtbedeutung verstehen können. Nicht nur das, weil in einer Mehrspielerpartie lest Ihr Euch diese Textabschnitte gegenseitig vor – verständlich lesen und das Gesprochene auch verstehen können, ist also eine Grundvoraussetzung, um Vantage spielen zu können. Da sind das alles in der englischen Sprache abspielt, sollte Ihr über eine gute Aussprache, ein ebensolches Textverständnis und einen ausreichend großen Wortschatz verfügen, um wirklich alle Nuancen vermitteln und verstehen zu können.
Wer da mit seinem Business-English-Grundwissen im Kreise von Nicht-Muttersprachlern meint auszukommen, wird wie ich eventuell an seine Grenzen stoßen. Dann empfehle ich Euch, die Zeit einzuplanen, ein Wörterbuch zu nutzen oder ein elektronisches Hilfsmittel wie Google Lens von Eurem Smartphone. Nicht die perfekte Lösung, aber immerhin besser als Begriffe zu erraten oder aus dem vermeintlichen Zusammenhang zu erahnen. Dieses 80 % richtig sein, das reicht hier bei Vantage oftmals nicht aus. Denn spätestens, wenn Ihr eine Situation und Eure Aktion missversteht, kann das zu einem Spielablauf führen, der sich frustrierend beliebig anfühlt.
Wenn Ihr da unsicher seid, dann wartet lieber auf die Lokalisation von Vantage für Eure Muttersprache. Die deutschsprachige Version von Feuerland ist für „irgendwann 2026“ angekündigt – rechnet frühestens im Frühjahr, wenn nicht sogar Sommer 2026 damit. Die Textmengen in Vantage sind enorm und eine solche Lokalisation dauert. Vantage lebt davon, dass Ihr wirklich versteht, was Euch da erzählt und vermittelt wird.
Wenn dieses nötige Sprachverständnis allerdings vorhanden ist oder Ihr gewillt seid, Euch das in Vantage anzueignen, dann steht Euch eine vielfältige Welt offen. Eine Welt, die darauf wartet, von Euch und Euren Mitspielern erkunden und entdeckt zu werden. Und ganz an dieser Stelle kommen wir zu einem Problem. Weil ich könnte Euch jetzt von meinen ersten beiden Solo-Spielpartien erzählen, was ich da alles erlebt habe und was mir alles widerfahren ist. Nur würde ich Euch damit den Reiz nehmen, diesen Teil von Vantage selbst erleben zu können. Deshalb je weniger Ihr über die Welt von Vantage und deren Abenteuern darin wisst, desto entdeckungsreicher laufen Eure eigene Spielpartien ab. Zwar wird sich da so schnell nichts wiederholen, weil die Welt von Vantage einen enormen Umfang und eine ebensolche Varianz bietet, nur solltet Ihr Euch im eigenen Interesse dieses Erlebnis nicht angelesen vorwegnehmen.
Deshalb fokussiere ich mich darauf, Euch von den Vorzügen und Stolpersteinen von Vantage zu erzählen, sodass Ihr für Euch besser entscheiden könnt, ob das Spiel überhaupt für Euch taugt oder eben auch nicht. Denn Vantage ist speziell und besonders und bricht mit vielen Genrekonventionen. Denn Vantage erzählt eine Geschichte. Die ist in den Karten und Storyheften niedergeschrieben und damit fixiert. Diese Geschichte hat auch immer dieselben Folgen einer Aktion, denn ein Versagen mit optionalen Verzweigungen der Geschichte gibt es nicht. Ihr werdet Eure Würfelproben immer bestehen. Ist es nur die Frage, wie viele negative Konsequenzen Ihr in Form von Moralverlust, Verletzungen und Zeitverbrauch Ihr hinnehmen müsst. Erreicht einer dieser Statuswerte die Null, so ist Euer Abenteuer an einem Punkt angekommen, welches das Ende bedeuten könnte. Was da genau passiert, solltet Ihr allerdings selbst herausfinden.
Durch Eure Entscheidungen, wohin Ihr geht und was Ihr dort anstellt, schreitet Ihr auf dem verzweigten Schienennetz der Vantage-Geschichte voran. Ihr stellt sozusagen nur die Weichen, schreibt die Geschichte aber nie um oder neu. Das sollte Euch bewusst sein. Da allerdings eine Partie von Vantage auf rund 2 bis 3 Stunden begrenzt ist, weil Ihr irgendwann Eure Mission oder Euer Schicksal erreicht oder Eure Statuswerte verbraucht habt, lernt Ihr immer nur einen sehr begrenzten Teil dieses Story-Streckennetzes kennen. Zudem habt Ihr die Wahl, ob und welche Gegenstände Ihr einsetzt, sodass sich daraus nochmals neue Story-Wege beschreiten lassen. Die Geschichte, die Ihr erlebt, steht somit im Mittelpunkt. Oftmals scheint der Weg das eigentliche Ziel zu sein. Auch das solltet Ihr mögen.
Sofern Ihr Vantage fernab einer Solopartie spielt, sollte Ihr Euch zudem in der Rolle des Zuhörers wohlfühlen und die Story-Abschnitte Eurer Mitspieler lauschen wollen. Ihr seid zwar gemeinsam auf diesem Planeten, allerdings an unterschiedlichen Orten abgestürzt und demnach nur per Funk verbunden. So beschreibt Ihr Euren Mitspielern, was Ihr seht und entscheidet, was Ihr machen wollt. Eure Mitspieler können Euch allerdings beraten und auch bei Würfelproben unterstützen. Denn wenn für einen von Euch das Spiel vorbei ist, dann ist auch die komplette Partie beendet. So helft Ihr Euch alleine schon aus Eigeninteresse untereinander und gegenseitig, damit die Geschichte nicht zu schnell ein vorzeitiges Ende nimmt.
Die reine Spielmechanik der Würfelproben und der einzusammelnden Gegenstände ist allerdings nur ein Teilaspekt von Vantage. Über all dem steht die zu erlebende Welt mit ihren Möglichkeiten. Würfelproben gilt es nur möglichst gut zu meistern und Gegenstände können Euch dabei helfen, aber der Kern des Spiels ist die Geschichte selbst, die Ihr gemeinsam oder auch solo erlebt. Damit ist für mich Vantage ein Spiel, für das Ihr Euch die nötige Ruhe und Zeit nehmen solltet. Lärm und Hektik ist hier fehl am Platz. Taucht in diese Welt ein, um die Vielfalt und die Einzigartigkeit davon erleben zu können. Denn das Wichtigste an Vantage ist, so betont es auch die Anleitung mehrfach, dass Ihr Euren Spaß dabei habt. Deshalb solltet Ihr Situationen auch stets im Zweifel so auslegen, dass Ihr den maximalen Spielspaß für Euch erhaltet. Vantage gibt ausreichend Möglichkeiten, Euch zu belohnen und eine gut erlebte Spielzeit zu haben.
Ein abschließender Rat für Eure erste Spielpartie: Lernt Vantage in seinen Möglichkeiten kennen. Probiert Spielmechaniken aus. Macht einfach das, was Ihr gerne machen möchtet. Lasst Euch von Eurer Neugier treiben. Vieles wird Euch seltsam vorkommen. Ihr seid eben neu in dieser unbekannten Welt. Nehmt diese Rolle an. Verbeißt Euch nicht in missverstandene Details und versucht Euch nicht, über eine scheinbare Beliebigkeit zu ärgern. Spätestens nach dieser Erstpartie wird Euch klarer, wie diese Welt funktioniert und worauf Ihr achten solltet, um nicht in die ausliegende Beliebigkeits-Frustrations-Falle zu tappe. Vantage wird Euch überraschen, lasst Euch auch überraschen. Mit etwas Spiel- und Welterfahrung wird Euch somit immer deutlicher, wie Ihr Euer Spiel besser kontrollieren könnt, um nicht zum Spielball von falschen und falsch verstandenen Entscheidungen zu werden.
Mit meiner zweiten Solopartie konnte ich Vantage schon wesentlich fokussierter spielen und erleben. Und was ich dabei erlebt habe, wird auch weiterhin mein Geheimnis bleiben müssen, aber eines sei Euch gesagt: Vantage sprengt Genregrenzen und hat etliche Überraschungen, die ich so in keinster Weise erwartet hätte. Da gibt es eine ganze Menge zu entdecken und jede neue Spielpartie bietet die Chance dazu, diese und neue Entdeckungen zu machen.
Für mich ist Vantage von meiner Erst- zur Zweitpartie enorm in meiner Wertschätzung gestiegen – erst eine 8 von 10 auf der BGG-Wertungsskala und nun eine 8.5 bis 9. Damit auch eine Empfehlung für die englischsprachige Version, sofern Ihr mit der durchaus vorhandenen Sprachhürde zurechtkommt und mit ein paar Korrekturen leben könnt, die derweil in der offiziellen Errata gesammelt werden. Perfekt ist Vantage nicht und auch nicht für jeden Spielertyp geeignet, aber das solltet Ihr bis hierhin hoffentlich selbst für Euch einschätzen können.
Ihr sucht mehr Infos zu Vantage? Im Archiv findet Ihr alle meine brettspieltag.de Berichte dazu – von der Vorbesteller-Vorfreude über die bebilderte Auspack-Session bis zum Sprachtest für die englische Version.











Tja, Solo englisch oder zu zweit deutsch? Schwierige Entscheidung 🤔
Die deutschsprachige Version wird für Muttersprachler zugänglicher sein und hat den Vorteil, dass die ersten Korrekturen schon eingearbeitet sind. Somit eigentlich die besser Wahl. Bleibt also nur die Frage, ob man selbst noch 6+ Monate auf das Spiel „warten“ möchte. Ich selbst werde bei Verfügbarkeit wohl auf die deutsche Version von Feuerland wechseln – irgendwann 2026. Die Vorbestellung dazu soll ja schon im September anlaufen. Die englische Version war für mich nur eine Übergangsversion, weil sich die Chance zu einem preiswerten weil reduzierten Kauf angeboten hatte … und ich einfach zu neugierig auf das Spiel war. 🙂
Ja, Entscheidung ist schon gefallen: Deutsche Version wird vorbestellt 😁.
Das was einen heutzutage als Brettspiel verkauft wird,lässt mich völlig kalt.wir kamen ein paar mal in den „genuss“ das Eine oder Andere spielen zu müssen!weil irgendein kid aus der Familie den Quatsch unbedingt haben musste.nur das keiner auch nach endlosen Studiengängen, nicht ansatzweise dahinter kam wie zur Hölle man diesen Unsinn spielt.
Wir sind wohl nicht geeicht für derart anspruchsvolle wahnsinnsgames,oder schlicht zu doof.
Dazu kommt noch das ich absolut niemand kenne der so etwas, egal welches „brettspiel“ spielt.
Der Gipfel der Langeweile ist für mich immer noch Monopoly.
Ich krieg Brechreiz wenn das nur erwähnt wird.
Das was da so gern angepriesen wird,sorry hat nichts mehr mit Brettspiel zu tun und zwischen,Arbeit,kinderaufzucht usw wer hat da überhaupt die Zeit.
Niemand der einer anständigen Arbeit nachgehen muss.
gerne jederzeit mensch ärgere dich nicht oder ähnliches.
Solche Spiele wo ich noch mit nem dicken Wälzer die ganze Zeit nachlesen muss, schätze mann muss es halt mögen.
Das ich was verpasse glaub ich nicht.
Aber seis drum wem das Spaß macht wieso nicht.
derartige Spiele sind für mich böhmische Dörfer.
Anmerkung von Brettspieltag.de Den obigen Kommentar habe ich freigeschaltet, obwohl der in seiner Beurteilung und seinen Vorurteilen durchaus grenzwertig ist. Zeigt mir aber gut, dass es da draußen eine Welt fernab der Brettspiel-Bubble gibt, die unserem gemeinsamen Hobby wenig abgewinnen kann. Mein Tipp: Wenn Anleitungen ein echtes Hindernis sind, dann einfach mal nach einem öffentlichen Spieletreff umschauen und sich dort neue Spiele erklären lassen, damit der eigene Blickwinkel nicht auf „Mensch ärgere Dich“ eingeschränkt bleibt. Von Skyjo bis Civolution und darüber hinaus bietet der Brettspielmarkt eine enorme Bandbreite, sofern man sich darauf einlassen mag.
Derweil hat das Vantage Tools auf https://vantage.rulepop.com auch die Storybooks integriert. Einfach Kartennummer eintippen und Symbol auswählen. Besonders für Solospieler gut, weil nur der erste Teil des Storyeintrages zunächst sichtbar ist und erst nach einem Klick der Rest des Textes. So spoilert man sich nicht selbst und zudem bekommt man auch nichts mit, was da bei angrenzenden Storyabschnitten steht. Absolute Empfehlung. Jetzt wünsche ich mir nur noch eine Vertonung, die man optional dazuschalten kann.