Der Herr der Ringe ist und bleibt ein Fantasy-Epos. Egal ob als Buchreihe oder auf der Kinoleinwand. Da stecken eine Menge Geschichten drin, die erzählt werden wollen. Und genau hier knüpfen wir gemeinsam an, wenn wir Frodo zum Schicksalsberg begleiten und bloß nicht die Hoffnung dabei verlieren, selbst wenn die Schatten um uns immer düsterer werden.

Es geht natürlich um den Einen Ring und das Schicksal von ganz Mittelerde. Mit weniger geben wir uns auch nicht zufrieden als erfahrene Brettspieler. Kooperativ stellen wir uns auf der guten Seite dem sich ausbreitenden Bösen entgegen. Das grundsätzliche Spielprinzip erinnert uns an Pandemie. Ewig ist es her, aber weiterhin ein unvergessener Klassiker, der ein neues Spielprinzip begründet und etliche Nachfolger gefunden hat. Allerdings geht es hier nicht um einzudämmende Krankheiten, sondern um Sauron und Frodo und Gandalf und Aragorn und die vielen anderen Charaktere, die wir aus der Welt von John Ronald Reuel Tolkien kennen, schätzen und lieben gelernt haben.

Spätestens seit der monumentalen Verfilmung von Peter Jackson mit seinen ausufernden Details und emotionalen Tiefen hat sich die Trilogie in das kollektive Bewusstsein eingebrannt. Für mich unvergessen ist die eine Szene, in der kraftvollen Darstellung von Denethors Gleichgültigkeit, wenn er schmatzend seine Kirschtomaten isst, während sein zweiter Sohn in den Tod reitet und das Herz von Pippin zerbricht, als er erkennen muss, welchem Herrn er dient.

Genau diese Schwere transportierte für mich das Brettspiel „Der Herr der Ringe: Das Schicksal der Gemeinschaft“ von Matt Leacock. Die große Herbstneuheit aus dem Hause Asmodee, das sich grafisch allerdings nicht an den Filmen orientiert, sondern aus der originären Feder von Jared Blando und Cory Godbey stammt. Sieht gut aus, sieht allerdings für mich auch anders als gewohnt mit seinem Graphic Novel Stil aus. Rein spielmechanisch kupfert der Altmeister bei sich selbst ab und kombiniert das Beste aus Pandemie mit vertiefenden Charaktereigenschaften und 24 variantenreichen Nebenaufgaben. Denn es reicht nicht alleine aus, Frodo auf seinem Weg zu beschützen, damit er den Einen Ring ins Feuer des Schicksalsbergs werfen kann. Vorab gilt es für uns je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad drei bis fünf weitere Ziele zu erfüllen. Genau die sind unsere Nebenaufgaben, die wir zufällig ziehen oder durch vorgefertigte Szenarien thematisch passend verbinden.

Dabei steuern wir ganz bewusst zwei verschiedene Charaktere, besitzen aber nur eine Kartenhand, sodass wir geschickt kombiniert beiderlei Fähigkeiten damit nutzen können. Und genau da liegt auch die eigentliche Herausforderung, so wie ich die in meiner Erstpartie in entspannter Viererrunde erlebt habe. Denn obwohl wir zufällige Gefährtenkarten nachziehen und ich genau diesen Zufall mehrfach verflucht habe, dass ich dauernd nur Ring-Karten, aber keiner der anderen dringend benötigten Symbole ziehe, so gilt es doch, das Bestmögliche aus der gegebenen Situation zu machen. Nur wer seine Fähigkeiten kennt und auch die der Mitspieler, kann im Zusammenspiel der Gefährten die scheinbar hoffnungslose Situation in einen Spielsieg verwandeln.

Tja, was soll ich sagen. Wir haben es nicht geschafft. Zwar konnten wir zwei Nebenaufgaben erfüllen und auch die Dritte davon schien nicht mehr fern, aber Frodo war noch viel zu weit vom Schicksalsberg entfernt und ebenso fehlte es ihm an Widerstandskraft in Form von Ring-Karten. Denn typisch für Pandemie dürfen wir nicht einfach so unsere Karten weitergeben, sondern die aufgedruckte Region muss schon passen. Nebenbei machen uns die Mächte der Schatten das Überleben schwer und rauben uns die Hoffnung. Da gibt es nicht nur das Auge von Sauron, sondern auch seine Nazgûl, die Schattentruppen und feindliche Schattenfestungen. Angriffe werden über in Anzahl und Auswirkung modifizierbare Würfel geregelt, die stilecht in einen imposanten und ebenso eigentlich überflüssigen Barad-dûr-Würfelturm gekippt werden. Da bewegen wir uns tief im Gefilde der Amitrash-Mechanismen, die mir in diesem Zusammenhang gefallen, weil spannend und flott gespielt zugleich.

Unser Ende kam, als eine unverteidigte Zuflucht fiel und alle Hoffnung dahin war. Bis dahin habe ich ein angenehm atmosphärisch kooperatives Spielerlebnis genossen. Arwen und Aragorn hätte ich allerdings besser in ihren Charakter-Fähigkeiten kombinieren sollen. Stattdessen habe ich zu oft befreundete Truppen ausgehoben und mich mit Scharmützel aufgehalten, die nicht zwingend notwendig waren. Allerdings haben uns die Schattenkarten auch ordentlich zugesetzt und der Himmel hat sich zudem für uns ungünstigsten Zeiten verfinstert.

Die Spielmechanismen waren klar gegen uns, sodass ich es als Herausforderung sehe, es in einer hoffentlich kommenden nächsten mitgespielten Partie besser zu machen. Deshalb meine Empfehlung an alle, die thematische Spiele auf der Grenzlinie zwischen Zufallselementen und taktischer Kooperation mögen. Und gut sieht es zudem auch noch aus. Was also wollt Ihr noch mehr?

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