Mein erster Eindruck nach der Erstpartie

Am Montagabend konnte ich als Teil einer entspannten Dreierrunde mitspielen. Fernab des Besitzers war es für uns beiden anderen die Erstpartie. Es ging im Wettlauf gegeneinander darum, als erster 4 Siegpunkte zu erreichen – durch gewonnene Kämpfe gegen Monster und die anderen Hexer oder durch den Maximalwert in einem Charakter-Attribut. Wir haben uns dabei auf das Material und die Mechanismen der Basisbox beschränkt – sozusagen der elementare Kern des Spiel.

Nach gut vier Spielstunden war die Partie vorbei. Das Ende war denkbar knapp. Alle hätten im nächsten Zug den letzten Siegpunkt erringen können. Dabei hatten wir sehr unterschiedliche Spielweisen: Ein Mitspieler begleiteten zwei NPCs und der hatte eine permanente Spur der Monster in der Nase, während seine Attributswerte im unteren Drittel waren. Aber er hatte ein grosses Deck und damit viel Lebenspunkte. Der Spielbesitzer konnte mittlere Attributswerte vorweisen, allerdings mit einem Maximalwert, was einen Siegpunkt wert war. Dazu ein mitteldickes Deck. Ich hingegen hatte durchweg hohe Attributswerte, aber ein sehr ausgedünntes Deck, was wenig Lebenspunkte bedeutete.

Die unterschiedliche Deckgrösse war auf verlorene Kämpfe (mehr Karten im Deck als Ausgleich) und Kartenvernichtung per Monsterangriff zurückzuführen. Das machte einen erheblichen Unterschied aus.Ich hatte zwar durchweg stärkere Karten, aber nur rund zwei Drittel der Menge im Vergleich. Somit musste jede im Kampf gespielte Karte passen, was aber mein reines Nachziehglück war. Wenn es gut lief, waren des mal eben 11 Schaden durch Kombos. Wenn es blöd lief, war es nur eine einzelne Karte pro Kampfrunde.

Da einem der Gegnerangriff meist Karten kostet, was Lebenspunkte sind, musste ich zügig und mit viel Nachziehglück kämpfen. Also erst zeitintensiv die Spur des Monsters aufnehmen, um den Erstschlag zu haben, der den Unterschied ausmachte, weil mal eben bis zu einem Drittel seiner Karten und Lebenspunkte pro Gegnerangriff zu verlieren, konnte ich mir nicht allzu oft leisten.

Am Ende hatte ich allerdings keinen einzigen Kampf verloren. Dabei einen Hexer besiegt und einen Hexerangriff mit extrem viel Nachziehglück abwehren können. Dazu kamen drei Siege gegen Monster. Nur dauerte das alles viel zu lange, weil ich zwei Mal eine Spur durch schnellerer Mitspieler verloren hatte und die meiste Zeit damit beschäftigt war, durch die Witcher-Welt zu reisen – zum Attributswerte aufleveln, zum Spur aufnehmen und um Questen zu verfolgen.

Der reine Spielanteil der Kämofe war mir zu gering. Die Kämpfe selbst aufgrund der Selbstbeschränkung auf das Basisspiel viel zu generisch und zufällig. Das Herumreisen war zudem mühsam, weil es passende Handkarten dazu brauchte. Wenn ich halt kein Gebirge auf der Hand habe, kann ich das nur durch Geld oder eine weitere Karte kompensieren. Oder ich gehe woanders hin und fühle mich ein wenig gespielt.

Die Pokerduelle, um sein Geld zu vermehren, sind erstmal eine nette Abswechslung. Die wurden dann aber schnell langweilig, weil ich komplett dem Zufall ausgeliefert bin. Ebenso zufällig ist und dazu generisch ist, was ich erlebe, wenn ich eine Stadt oder das Umland erkunde. Dabei erlebe ich kleine Geschichten, kann auswählen, wie ich in der Situation reagiere und bekomme dann eine neue Quest oder Geld oder Trank oder mal dauerhafte Karten in Form von Begleitern oder Sondereffekte. Allerdings ist die gezogene Story ebenso zufällig und hat keinen Bezug auf den eigenen Ort. Da wir uns die Karten gegenseitig vorgelesen haben, ohne die Auswirkungen überblicken zu können, war das durchaus spannend und für mich der interessanteste Teil des Spiels.

The Witcher Old World ist atmosphärisches Amitrash mit geringer spielmechanischer Komplexität. Durch die ganzen optionalen Zusatzmodule kann man die Welt und die Kämpfe, den Deckbau und etliches mehr intensiver werden lassen, schraubt damit aber auch die Komplexität nach oben. Ein Kingdom Death Monster wird und will es damit aber auch nicht werden.

Wir reisen eben durch die Witcher-Welt und erleben kleine Witcher typische Geschichten und kämpfen ab und zu, aber eher selten gegen Monster. Wer das mag, der fndet damit ein Spiel, was in seinem Genre wenig falsch macht, allerdings auch wenig wirklich Neues bietet. Ein grundsolider Mix. Wer Spieltiefe und Komplexität sucht, muss Zusatzmodule ins Spiel nehmen oder sich andere Spiele suchen. Mir war das für die Spielzeit am Ende doch zu wenig selbstbestimmtes Spielgeschehen. Wenn seicht, dann lieber fokussierter und kürzer.

Ein letzter Kritikpunkt nachgeschoben: Wenn ich die Mitspielerzüge nutze, um selbst meine Reiseroute und damit meine Stadtaktionen in meinem nächsten Zug vorzuplanen, dann wird dadurch zwar die Downtime für meine Mitspieler reduziert, aber ich hatte oftmals wenig von den Geschichten der Mitspieler mitbekommen, weil ich zu sehr mit mir selbst beschäftigt war. Dabei waren diese kleinen Geschichten für mich doch der Kern des Spiels.