Mit der Arbeiterschaft gegen den Rest der Welt.

Am letzten Sonntag in entspannter 4er-Runde meine Erstpartie Hegemony. Bis auf den Spielebesitzer war das für uns alle die erste Partie. Ein Mitspieler hatte sich vorab schon mal ein Regelvideo angeschaut, ansonsten gab es kein Vorwissen, so dass die Erklärung etwas länger dauerte. Da wir uns aber alle einig waren, dass das hier wohl das einzige Spiel des Tages sein wird, haben wir uns auch die nötige Zeit genommen. Die Einstiegshürde war schon heftig, da sich die Zielsetzung und die Aktionsmöglichkeiten der vier Parteien schon extrem unterscheiden. Bei der Mittelschicht gibt es zwar Überschneidungen, aber ansonsten waren das mehrere verzahnte Spiele in einem – für jedem Mitspieler sein eigenes. Da braucht es schon Durchhaltevermögen beim Erklärer und ausreichend Sitzfleisch bei den Mitspielern, denn eigentlich will man doch wissen, was die anderen so vorhaben und können, den wir sind ja kompetetiv unterwegs. Am Ende werden Siegpunkte gezählt und nur Einer gewinnt.

Ich hatte die Arbeiterfraktion. Hat sich so ergeben. Fand ich gut. Die vielen Aktionen lichteten sich dann auch bald im Laufe der ersten von fünf Spielrunden. Wobei wir aus Zeitgründen und einsetzender Dunkelheit am Ende der dritten Runde vorzeitig abgebrochen haben. Bis dahin zeigte sich aber schon, dass mit fortschreitender Spieldauer die Aktionen flotter von der Hand gingen, zumal ich am prima in den Zügen der Mitspieler vorplanen konnte und zeitgleich trotzdem an deren Geschehen interessiert war. Denn das Spiel ist schon heftig unter den Spielern verzahnt und sorgt so für gute indirekte und teils auch sehr direkte Interaktion.

So komplex die Arbeiterfraktion am Anfang aussah, so gradlinig spielte sich die nachher. Im spielerischen Kern möchte ich für Nachschub an Arbeiter sorgen, die ich dann teilweise in ihre Berufe ausbilde, weil es für ungelernte Kräfte nur begrenzte Beschäftigung gibt. Zudem steigert der Arbeiternachschub und die Ausbildung den Wohlstand der Arbeiter und bringt mir Siegpunkte ein. Blöd nur, dass ich nur fünf Aktionen plus jeweils eine der freien Aktionen pro Runde habe und zudem mein Geld pro Runde durch den Lohn und eventuelle Aktionskartentexte aufgebessert, aber stets begrenzt und immer zu wenig ist. Weil zudem will ich auch noch Gewerkschaften gründen und dafür sorgen, dass die aktuelle Gesetzeslage in 7 Kategorien zu meinem Vorteil ist, was die Mitspieler aber nur teilweise zulassen wollen. Die haben ihre ganz eigenen Interessen. Nachschub und Ausbildung ist an Gesundheit und Bildung geknüpft und die muss ich mühsam und teuer erwerben, wenn ich nicht darauf einwirke, dass die billiger werden. Zudem konkurriert der Mittelstand-Spieler ebenso mit mir um diese Ressourcen auf dem öffentlichen Sektor.

Kurz gesagt, viel und eigentlich zu viel zu tun und viel zu wenig Aktionen dafür, dass alles unter einen Hut zu bringen. Zumal ich anstatt einer Basisaktion auch die Kartenaktion selbst ausspielen kann und da gibt es etliches, was ich da so auf die Hand bekomme. In der gespielten dritten Runde war mein Aktionsradium fast schon zu klar: Abchecken, ob ich tolle neue Handkarten bekommen habe, die zu meiner Spielweise und dem Geschehen passen oder meine Spielweise und das Geschehen entsprechend der Handkarten anpassen, falls das mehr Erfolg verspricht. Zudem per Gesetzesvorschlag dafür sorgen, dass die Ausgangslage für mich besser wird, sofern ich mir da erfolgreiche Abstimmungen erhoffe durch Stimmenmehrheit und gemeinsame Interessen. Um Siegpunkte und ausreichend Lohn zu bekommen, für Nachschub und Ausbildung sorgen und vorab die nötigen Ressourcen möglichst preiswert besorgen. Dann die unbeschäftigten Arbeiter noch verteilen und da das alles limiert ist und zudem alles immer teurer wird, kann ich sowieso nicht alles machen.

So kompliziert und komplex die Arbeiterfraktion zunächst klang, ab der Mitte der Erstpartie war das alles schon zu klar geworden. Zumal ich weder Streiks noch Demonstrationen einsetzen konnte, weil die Grundvoraussetzungen dazu nicht gegeben waren und ich aus eigener Kraft die auch nicht so einfach dahin verändern konnte. Wenn es Maximallohn gibt, darf ich eh nicht streiken. Und warum sollte ich das ändern wollen, wo das Geld eh knapp bei mir war, da kaum Preis gesenkt wurden von den Mitspielern, ich aber trotzdem auf die Waren angewiesen war für meine Aktionen. Fast schon spielte sich meine Rolle zu locker und fast schon vorgegeben, entweder durch meine Handkarten oder dem Geschehen auf dem Brett.

Nicht falsch verstehen, dass war eine echt spannende und interessante Partie ohne jegliche Langeweile. Aber von den reinen Spielmechanismen ist es recht einfach gestrickt , wenn man diese erst einmal verstanden hat in der Ausführung und den Konsequenzen – zumindest das, was ich so als zielführend für meiner Arbeiterfraktion gesehen habe. Kann sein, dass sich die anderen Fraktionen da komplexer spielen oder ich durch andere Spielweise mehr aus meiner Rolle hätte herausholen können. Da frage ich mich dann, wann so eine Fraktion ausgereizt scheint? Allerdings haben wir keinerlei des Zusatzmaterials im Spiel gehabt. Eventuell wird es dadurch komplexer oder es will gar nicht so komplex, sondern nur mit den Mitspielern verzahnt sein.

Gerne wieder. Auch weil es thematisch so perfekt passt. Die Einstiegshürde muss man allerdings erst einmal nehmen (wollen). Eine Revanche-Partie ist längst geplant und die wird aufgrund des Vorwissens auch wesentlich flotter laufen fernab tagesfüllend zu sein. Da das Spiel zweifach in meinem Spielerumfeld vorhanden ist, brauche ich es nicht zwingend selbst besitzen. Mitspielen reicht mir da. Obwohl es ist wirklich ein tolles Spiel, das es verdient hätte, auch in anderen Spielrunden getragen zu werden. Mal sehen.