Das Erfolgsduo Michael Palm und Lukas Zach legt nach. Ihr amtierendes Spiel des Jahres bekam auf der SPIEL Essen 23 einen Zwei-Personen-Ableger, bei dem es nicht mehr so ganz idyllisch zugeht. Dafür ist jetzt jeder sein eigener Herr über sein Dorfgeschehen.
Dorfromantik: Das Brettspiel fand ich gut in meiner ersten und einzigen mitgespielten Partie. Wenn man harmonisch auf einer Wellenlinie mit seinen Mitspielern schwingt, kann man es auch sicher ganz entspannt spielen. Gemeinsam auf ein gezogenes Landschaftsplättchen starren und entscheiden, wo man es denn anlegen mag. Das erforderte für mich schon eine gewisse Disziplin, den aktiven Spieler das erste und auch letzte Wort zu lassen. Selbst wenn ich meinte, eine wesentlich bessere Anlegeposition wählen zu wollen.
Diese Selbsteinschränkungen gibt es bei Dorfromantik: Das Duell nicht mehr. Endlich kann ich ganze alleine entscheiden und auch verantworten, wo ich das neue Plättchen wie anlege. Niemand redet mir da rein. Ich muss mich mit Niemanden abstimmen. Ich bin Bürgermeister, Landschaftsplaner und Allleinherrscher in einer Person. Herrlich! Allerdings muss ich ebenso ganz alleine mit meinen blöden Entscheidungen leben, kann aber neidisch zum Mitspieler in diesem Zwei-Personen-Duell blicken, wo alles irgendwie besser liegt und läuft.
Der Spielablauf ist im mechanischen Kern gleich geblieben. Deshalb erspare ich Euch die Details und fokussiere mich auf die Unterschiede. Einer zieht ein verdecktes Landschaftsplättchen und baut es bei sich ein. Der Gegenspieler sucht das passende Plättchen aus seinem beliebig vorsortierten Plättchenvorrat und baut es ebenso in seine eigene Landschaft ein. Hat jemand weniger als drei Aufträge offen ausliegen, ziehe ich hingegen von dem verdeckten Stapel der Auftragsplättchen. Das eröffnet ein packendes Wettrennen um erfüllte Aufträge, denn zu viele Aufträge erzeugen zu viele Zwänge.
Durch die offen vorsortierte Plättchenauslage habe ich in meinen ersten Partien zudem eine angenehme Übersicht, welche Plättchen noch kommen können und welche eben ganz sicher nicht mehr. Hat mir gefallen, weil nahm wir ein wenig die Ungewissheit, auf etwas zu warten, was sowieso nicht existiert.
Wer es komplexer mag und die zwei optionalen Zusatzmodule mitspielen lässt, verstärkt die direkte Interaktion. Da schnappt man sich dann gegenseitig Sonderplättchen weg, die man ab einer gewissen Auftragssumme bekommt. Oder man spielt zusätzlich auf drei offenliegende Auftragskarten, bei denen man am Spielende u.a. möglichst viele Waldflächen haben möchte oder absteigend Extrapunkte für die erste abgeschlossene Siedlung aus mindestens fünf Plättchen bekommt.
Wer mag und ein zweites Exemplar des Spiels in Greifweite hat, kann sich sogar mit bis zu vier Spielern „duellieren“. Jeder gegen jeden um die meisten Siegpunkte, Auftragskarten und Sonderplättchen. Allerdings sollte man dann einen ausreichend großen Tisch haben, denn die eigenen Dorflandschaften können arg raumgreifend werden. Wer es harmonischer mag und nicht alleine grübeln will, der bleibt bei einem Exemplar und spielt einfach in Teams – sozusagen der halbe Weg zur Spiel des Jahres Version.
Mir hat Dorfromantik: Das Duell so gut bei meiner Anspielsession auf der SPIEL Essen 23 gefallen, dass ich es eigentlich vor Ort am Pegasus Spiele Messestand kaufen wollte. Das dann aber verpasst und vergessen und nun nachträglich bei den Neuheiten-Angeboten zugeschlagen habe. Erst einmal nur mit einem Exemplar. Das reicht mir, obwohl ich einen ausreichend übergroßen (sic!) Brettspieltisch zu Hause stehen habe. Aber diese Tisch-Story ist eine Geschichte für ein anderes Mal.
Ich kann Euch Dorfromantik: Das Duell nur empfehlen, war es doch einer meiner völlig unerwarteten Höhepunkte der Messe. Auch weil es mir ganz viele kleine Geschichten erzählt. Mit jedem Plättchen neu, springt mein Kopfkino an und erweckt so mein Dorf zum Leben.. Da gab es zum Beispiel diesen Fischer in seinem abgelegenen Haus am Ende des Weges, einsam aber doch entspannt …